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Sport: Der Favorit ist nur noch Verfolger

Entsetzte Schalker: Sie verlieren 0:2 in Dortmund und damit wohl auch den Kampf um die deutsche Meisterschaft

Selbst Mirko Slomka hatte die Hoffnung verloren. „Wir müssen schon viel Glück haben, wenn wir es doch noch schaffen wollen“, sagte der Trainer des FC Schalke 04 resignierend. Der Traum von der ersten deutschen Meisterschaft der Schalker seit 49 Jahren scheint ausgerechnet im Spiel beim ungeliebten Reviernachbarn Borussia Dortmund zerplatzt zu sein. Es war aber nicht nur die 0:2 (0:1)-Niederlage bei den Dortmundern, die dem gewöhnlich so eloquenten Schalker Trainer nahezu die Sprache verschlug. Alexander Frei kurz vor der Pause und Ebi Smolarek kurz vor Schluss hatten mit ihren Treffern den Erfolg der Gastgeber perfekt gemacht.

Es war vor allem das ängstliche Auftreten seiner Mannschaft, für das der Schalker Trainer nur schwer Worte finden konnte. „Einige Spieler hatten in der Offensive nicht ihren besten Tag“, sagte Slomka mit zittriger Stimme. „Darüber werde ich mit dem einen oder anderen noch sprechen.“ Doch auch die intensivsten Analysen werden nichts mehr daran ändern können, dass seine Mannschaft nur noch äußerst geringe Chancen auf den Gewinn des Titels hat. Die Vorzeichen vor dem Saisonfinale haben sich grundlegend verschlechtert. Seit dem 20. Spieltag hatten die Schalker die Tabellenspitze inne. Nach dem 33. Spieltag sind sie nun mit zwei Punkten Abstand hinter den VfB Stuttgart in die Verfolgerrolle gerutscht. „Das ist natürlich eine bittere Situation. Wir müssen jetzt sehen, dass wir den zweiten Platz gegen Bremen verteidigen“, sagte der völlig desillusionierte Schalker Trainer. Es schien, als fehle Slomka nach dieser enttäuschenden Partie sogar der Glaube daran, im letzten Spiel noch den nötigen Punktgewinn realisieren zu können, um damit das Minimalziel dieser Saison, die direkte Qualifikation für die Champions League, zu schaffen.

Bis auf Marcelo Bordon und Torhüter Manuel Neuer, die sich als einzige vehement gegen diese Niederlage stemmten, blieben alle Schalker Spieler weit unter ihren Möglichkeiten. Sie wirkten über weite Phasen wie gelähmt. Lincolns Spielfreude, Kuranyis Siegeswille, Ernsts Organisationstalent – all das blieb gestern im Verborgenen. Von der Souveränität und der Ruhe der vergangenen Wochen, die die Mannschaft mit wenigen Ausnahmen auch in schwierigen Situationen auszeichnete, war von der ersten Minute an nichts zu sehen. Angst und Zurückhaltung ersetzten diese Qualitäten.

Es war vielmehr die Mannschaft von Thomas Doll, die den Eindruck vermittelte, als ginge es für sie um ein großes Ziel. Die Dortmunder übertünchten ihre spielerischen Mängel mit der nötigen Leidenschaft und beeindruckendem Einsatz, um sich letztlich als verdiente Sieger von den rund 60 000 BVB-Anhängern im mit 81 000 Zuschauern gefüllten Stadion feiern zu lassen. Christian Wörns offenbarte später den Grund für das enorme Engagement. „Wir wollten unter allen Umständen vermeiden, dass die Schalker hier Meister werden. Das wäre das Schlimmste für uns und die Fans gewesen“, sagte der BVB-Kapitän. Es war immerhin ein versöhnlicher Abschluss einer verkorksten Saison für die Borussia. „Wir sollten aber trotz aller Euphorie nicht die nötige Demut verlieren“, sagte Thomas Doll. „Vor ein paar Wochen wusste der Verein noch nicht, wo es langgeht.“ So tief ist der Fall der Schalker zwar nicht, doch auch Andreas Müller vermittelte wie Slomka Untergangsstimmung. „Es hat doch jeder gesehen, was hier passiert ist“, sagte der Schalker Manager und bat sich ein paar Tage Abstand aus. Erst danach will er sich zu dieser Partie äußern.

Und während Marcelo Bordon kurz vor der Heimfahrt und mit ein wenig Abstand trotzig verkündete, er glaube weiter an den Titelgewinn („Wer nicht daran glaubt, braucht am Samstag gegen Bielefeld gar nicht erst zu kommen.“), brachte sein Teamkollege Christian Pander das Szenario auf den Punkt. „Das war ein großer Schritt in die falsche Richtung.“

Ausgerechnet Hans-Joachim Watzke versuchte den Schalkern dann noch Mut zu machen. „Die Meisterschaft ist noch nicht entschieden. Am letzten Spieltag ist noch was möglich“, sagte der Geschäftsführer der Dortmunder Borussia. Die Miene des neben ihm sitzenden Mirko Slomka konnte dieser Versuch, Optimismus zu verbreiten, allerdings nicht mehr aufhellen.

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