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Sport: Der Fleißige

Langläufer René Sommerfeldt bekommt eine Kristallkugel: als Weltcupsieger

Berlin. Langläufer Axel Teichmann ziert die Titelseite des aktuellen Jahrbuchs des Deutschen Skiverbandes (DSV). Für den Lobensteiner Teichmann war das ein Zeichen der Anerkennung dafür, dass er im Februar 2003  als erster deutscher Langläufer seit Gerhard Grimmer 1974 wieder einen WM-Titel gewann. Es könnte gut sein, dass im nächsten Jahr ein anderer Langläufer Titelheld wird. Denn René Sommerfeldt hat gestern in Lahti mit einem sechsten Platz über 15 Kilometer im klassischen Stil den Gesamtweltcup gewonnen. Ihm gelang sogar ein doppeltes Novum: Er ist erster Weltcup-Gesamtsieger des Deutschen Skiverbandes im Langlaufen und in diesem Winter auch der einzige im gesamten DSV. Weder die Alpinen noch die Skispringer oder Nordischen Kombinierer können so einen Erfolg bieten. Die Biathleten und Freestyler auch nicht.

„Für mich ist der Gewinn der großen Kristallkugel das Größte“, sagte der seit 1994 für den WSC Oberwiesenthal startende Sommerfeldt. „Selbst ein Einzelsieg bei Weltmeisterschaften oder Olympischen Spielen ist oft ein Resultat günstiger Umstände – wenn du den optimalen Ski hast, die Tagesform stimmt oder die Gegner Pech haben“, sagte Sommerfeldt. Aber es sei etwas anderes, in einer Wertung von Oktober bis März vorn zu stehen. „Das hat nichts mit Glück oder Tagesform zu tun.“

Spätestens seit Sommerfeldts Erfolg über 50 Kilometer am vergangenen Wochenende am Holmenkollen in Oslo war auch dessen schärfstem Widersacher, Titelverteidiger Mathias Fredriksson, das Ergebnis klar. „Die Sache ist gelaufen“, sagte der Schwede, „Sommerfeldt ist nicht mehr einzuholen.“ Während der Schwede ein paar Vorteile auf den Klassikerstrecken hatte, punktete der 29 Jahre alte Sachse auf Grundlage seiner „bärenhaften Kondition“, wie Bundestrainer Jochen Behle sagt, in allen Disziplinen des winterlichen Langlaufes: Sprint, Skating, Klassik-Stil und Verfolgung.

Für Behle spielt Sommerfeldt eine zentrale Rolle im verblüffenden Aufstieg der Langlaufabteilung des Deutschen Skiverbandes. „Als René 2001 WM-Zweiter über 50 Kilometer hinter Mühlegg wurde, war das die Initialzündung für die gesamte Mannschaft“, sagt der Bundestrainer. „Da wurde bewiesen, dass sein Trainingsfleiß sich trotz allen Missmuts über nicht vorhandene Chancengleichheit mit Dopingkontrollen auszahlen würde“, sagt Behle. Sommerfeldt selbst kartet bei dem seinerzeit für Spanien laufenden Mühlegg nicht nach. Es sei müßig, darüber zu spekulieren, ob der damals schon gedopt gewesen sei und ihm dadurch die Chance genommen habe, Weltmeister zu werden. „Jetzt ist das Vertrauen da, dass alle unter gleichen Bedingungen um Medaillen streiten.“

Als Anfang der Neunzigerjahre der Skisport beim einstigen SC Dynamo Klingenthal Probleme bekam, wäre Sommerfeldt um ein Haar dem Skisport verloren gegangen. „Ich war faul im Training und zog durch die Diskotheken.“ Er siedelte nach Oberwiesenthal um, flog aber 1999 sogar aus dem DSV-Kader. „Trainer-Altmeister Karl-Heinz Nestler bot mir eine letzte Chance, und da begann ich, wie ein Tier zu trainieren.“ Das registrierte Jochen Behle und erkor ihn quasi zu seinem Vorläufer. „Den kannst du bei Tag oder Nacht auf die Bretter stellen, der René wird immer alles geben.“

In Oberwiesenthal hat Sommerfeldt 2002 geheiratet und mittlerweile ein Haus gebaut. Seine Chancen stehen gut, nach dem Skispringer Jens Weißflog und dem Kombinierer Ulrich Wehling die Ehrenbürgerschaft des Skisportzentrums am Fichtelberg zu bekommen. Nach dem Weltcupfinale möchte er jedenfalls noch bei den deutschen Staffelmeisterschaften in seinem Heimatort starten. Er sagt: „Das bin ich den Fans schuldig.“

Ernst Podeswa

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