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Sport: Der fliegende Torhüter

Gegen Aue wird der 21 Jahre alte Sascha Burchert das Hertha-Tor hüten – einige denken zurück

Berlin - Jetzt zittert Hertha BSC also vor Aue. Der FC Erzgebirge kommt am Sonntag ins Olympiastadion und hat 15 000 Fans im Schlepptau. Die Berliner werden dem eine engagierte und imposante Kulisse entgegenzusetzen haben, doch wie sieht es mit dem Personal aus, auf das es vorrangig ankommt? Das kickende Personal des aus den Aufstiegsrängen gestürzten Zweitligisten ist erschüttert, das Saisonziel Aufstieg gefährdet. Hertha kreiert kaum Torchancen und kann Gegentore kaum noch verhindern. Und jetzt hütet auch noch Sascha Burchert das Tor.

Dem 21 Jahre alten Ersatztorwart ist noch der geringste Vorwurf zu machen an der Krise, aber bezeichnenderweise ist er der dritte Kandidat, der nach einem gespielten Saisondrittel zwischen den Pfosten zum Einsatz kommt. Die Nummer eins, der 34 Jahre alte Niederländer Maikel Aerts, ist verletzt, sein Nachfolger Marco Sejna ist nach seiner Roten Karte beim Spiel in München für eine Begegnung gesperrt worden. „Sascha hat in jeder Trainingswoche nachgewiesen, dass ich ihn bedenkenlos einsetzen kann“, sagt Herthas Trainer Markus Babbel.

Mag sein, doch beschleicht so manchen Hertha-Fan ein mulmiges Gefühl, das seinen Ursprung im vorigen Herbst hat. In den Spielen gegen Freiburg (0:4), den HSV (1:3) und in Nürnberg (0:3) hatte Burchert viele Gegentore hinnehmen müssen. In Erinnerung geblieben sind seine unglücklichen Ausflüge im Heimspiel gegen den HSV. Nach einem zwischenzeitlichen 1:1 musste Timo Ochs, der den damals verletzten Jaroslav Drobny vertrat, verletzungsbedingt ausgewechselt werden. Burchert kam ins Spiel. Es ging 1:3 verloren, auch weil Burchert zweimal außerhalb des Strafraums per Kopf klären musste, die Bälle aber jeweils einschussbereiten Hamburgern vor die Füße fielen.

Ausgerechnet in der heiklen Saisonphase muss nun Burchert den Laden zusammenhalten. „Wir werden Ruhe bewahren und Hektik vermeiden“, sagt Michael Preetz, was auch immer der Satz bewirken wird. Vielleicht wird der Manager in einer ruhigen und nicht hektischen Minute, so er sie überhaupt haben wird, an jene Zeit zurückdenken, als Hertha weit weniger Probleme hatte, vor allem kein Torwartproblem. Selig waren die Zeiten, als Gabor Kiraly das Berliner Tor hütete. Man kann Dieter Hoeneß einiges nachsagen, auch, dass er in Berlin in Sachen Transfers ein ähnliches glückliches Händchen hatte wie derzeit in Wolfsburg, wo es den VfL trotz investierter 40 Millionen Euro mehr ans untere Ende der Tabelle zieht denn ans obere. Der Ungar Kiraly war ein Volltreffer, der im Sommer 1997 – gerade mal 21-jährig – nicht einmal 200 000 Mark kostete. Fast 200 Mal hütete er das Hertha-Tor, erst in der Winterpause 2003/04 wurde er durch seinen Vorgänger Christian Fiedler ersetzt. Im Sommer 2004 verließ Kiraly Berlin und schloss sich Crystal Palace an. Fiedler, der heute als Torwarttrainer arbeitet, blieb im Tor, bis ihn Drobny ablöste. Der Tscheche war die letzte Konstante im Tor der Berliner, bis er im vorigen Sommer den Absteiger verließ. Auch seine Ersatzkollegen Ochs und Christopher Gäng orientierten sich neu. Beide brachten es zusammen auf ganze drei Bundesligaeinsätze bei Hertha.

Wer will, mag von einer verfehlten, mindestens aber unglücklichen Transferpolitik auf dieser neuralgischen Position sprechen. Ob Aerts, der von Willem II Tilburg, mit 70 Gegentoren die Schießbude der Ehrendivision, geholt wurde, überhaupt noch spielen wird in der Saison, ist ungewiss. Sejna ist 38.

Wenn Aue am Sonntag kommt, wird übrigens Richard Strebinger als Torwartersatz am Spielfeldrand Platz nehmen. Der Österreicher ist 17 Jahre jung.

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