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Sport: Der Fußball klagt

Schiedsrichter soll auf sechs Spiele Einfluss genommen haben – DFB schließt Wiederholung nicht aus

Als Theo Zwanziger den Ort der Entscheidung verließ, hatte er einen munteren Gesichtsausdruck. Die Frage, ob er zufrieden sei, blockte er allerdings ab. „In dieser Sache gibt es keine fröhlichen Gesichter“, sagte der Geschäftsführende Präsident des Deutschen Fußball-Bundes (DFB). Diese Sache, das ist einer der größten Skandale im deutschen Profifußball. Der Berliner Schiedsrichter Robert Hoyzer soll Spiele manipuliert haben, um sich bei Sportwetten zu bereichern – im DFB-Pokal sowie vielleicht auch in der Zweiten Bundesliga und in der Regionalliga. „So etwas erschüttert mich, das ist der Hammer“, sagte Zwanziger.

Nach einer mehrstündigen Präsidiumssitzung gab der DFB bekannt, dass ein dringender Tatverdacht bei mindestens sechs Spielen bestehe: Neben dem Pokalspiel zwischen Paderborn und Hamburg sind es die Zweitligaspiele Essen gegen Köln und Ahlen gegen Burghausen sowie die Spiele der Regionalliga Nord Paderborn gegen Chemnitz, Braunschweig gegen St. Pauli und Wuppertal gegen Werder Bremen Amateure. „Es ist nicht auszuschließen, dass noch weitere Spiele betroffen sind“, sagte Zwanziger. Hoyzer bestreitet alle Vorwürfe.

Das Spiel Essen gegen Köln hatte Hoyzer zwar nicht geleitet, sondern Manuel Gräfe. Er kommt ebenfalls aus Berlin. Laut Zwanziger gibt es dennoch den Verdacht, dass „der bisher beschuldigte Schiedsrichter Hoyzer auch auf dieses Spiel Einfluss nehmen wollte“. Für diese Annahme gebe es bislang allerdings nur einen Hinweis. Nach Informationen von Vertretern des Berliner Fußball-Verbandes soll Hoyzer Einfluss auf einen der beiden Schiedsrichter-Assistenten ausgeübt haben. Einer dieser Assistenten, Felix Zwayer, war unter Hoyzer stellvertretender Leiter der Lehrgemeinschaft Charlottenburg. Der 25 Jahre alte Hoyzer und der 23 Jahre alte Zwayer gehören beide zur Schiedsrichtergruppe von Hertha BSC. Nach Informationen des Tagesspiegels hat der Assistent die Einflussnahme abgelehnt und später den DFB über den Manipulationsversuch informiert. Es soll weitere Zeugen geben.

Gerhard Mayer-Vorfelder, ebenfalls DFB-Präsident sagte, es sei immer noch nichts bewiesen. Sein Kollege Zwanziger drückte sich schärfer aus: „Wenn sich alle Zeugenaussagen bestätigen, dann ist das Betrug.“ Es gebe jetzt deutlichere Zusammenhänge zwischen den Entscheidungen des Schiedsrichters und den Wetteinsätzen. Die Summen, die bei den Buchmachern gesetzt worden sind, seien „nicht unerheblich“, sagte Zwanziger. Inzwischen hat auch die Staatsanwaltschaft Braunschweig Ermittlungen im Fall Hoyzer aufgenommen. Robert Hoyzer lebt und studiert in Salzgitter.

Das Pokalspiel zwischen Paderborn und Hamburg soll laut DFB nicht wiederholt werden. Der HSV legte jedoch am Montag Einspruch gegen die Wertung und die Rote Karte gegen Emile Mpenza ein. Auch Spiele der vorigen Saison sollen nicht neu gewertet werden. Spiele dieser Saison dagegen werden noch einmal geprüft. Vereine wie Burghausen haben bereits ein Wiederholungsspiel gefordert (siehe Kasten). „Wir gehen bislang davon aus, dass es sich bei diesem Schiedsrichter um einen Einzelfall handelt“, sagte Ligapräsident Werner Hackmann.

Der DFB will nun eine Sonderkommission einsetzen, die sich mit dem Wettgeschäft im deutschen Fußball beschäftigt. Dort sollen auch die Wettgesellschaften und die Schiedsrichter beteiligt sein. „Wir werden dort prüfen, ob ein Wettverbot für Schiedsrichter, Spieler und Funktionäre sinnvoll ist“, kündigte Gerhard Mayer-Vorfelder an. Zwanziger unterstützt eine solche Idee nicht: „Verbote allein helfen nicht weiter.“

Die Kommission soll auch ein Frühwarnsystem entwickeln, um weiteren möglichen Wettbetrug zu verhindern. Ein solches System forderte gestern unter anderem Wilfried Straub, der Geschäftsführer der Deutschen Fußball-Liga (DFL). Auch Buchmacher forderten die Einführung eines Frühwarnsystems. „Wir könnten unmittelbar vor den Spielen den DFB oder die DFL verständigen, wenn wir merken, dass etwas faul ist“, sagte Eiken Albers von der Albers Wettpresse. Ein ähnliches Verfahren praktiziere er bereits beim Pferderennen. „Mit den Rennvereinen und den Rennleitern in Berlin habe ich die Absprache getroffen, dass ich sie bei Unregelmäßigkeiten vorher informiere.“

Bei einem Uefa-Pokalspiel zwischen einer Mannschaft aus Luxemburg und Osteuropa hatte Albers nach ungewöhnlich hohen Einsätzen auf einen Luxemburger Sieg den europäischen Fußballverband Uefa verständigt. „Die Uefa hat sich daraufhin bei mir bedankt. Der deutsche Fußball hat sich bisher noch nicht für eine Zusammenarbeit interessiert“, sagte Albers. Das dürfte sich jetzt ändern.

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