zum Hauptinhalt
328878_0_6f6c8262.jpg

© ddp

Sport: Der Haken an der Sache

Wladimir Klitschko gehen nach dem Sieg über Eddie Chambers die Gegner aus – Langeweile droht, trotzdem sahen Millionen zu

Eddie Chambers steht in den Katakomben der Düsseldorfer Arena und blickt ziemlich bedröppelt drein. Es ist spät geworden an diesem Abend, der für ihn einen recht schmerzhaften Verlauf genommen hat. Chambers, 27, bekam zwölf Runden lang vorgeführt, dass Wladimir Klitschko, 33, zurzeit in einer eigenen Liga kämpft. Sekunden vor Arbeitsende wurde er gar noch mit einer Linken des Champions auf den Boden befördert. Der Niederschlag war derart heftig, dass sich zwei Notärzte fortan nicht mehr von der Seite des US-Amerikaners bewegten und ihn noch in der Nacht zur Untersuchung in die Universitätsklinik begleiteten. Der geplante Rückflugtermin musste vorsorglich verschoben werden.

Zuvor hatte Chambers noch mit letzten Kräften versucht, Erklärungen für seine Niederlage zu finden. „Es war ein guter Schlag, er ist ein großartiger Kämpfer. Das war wohl nicht mein Abend“, sagte der Unterlegene nach seiner zweiten Niederlage im 37. Profikampf. Die Schrammen und Beulen im Gesicht versteckte er hinter einer großen Sonnenbrille. „Wladimir ist der wahre Weltmeister.“

Daran bestanden auch vor dem Duell nicht wirklich Zweifel. Klitschko, Titelträger der Verbände IBF, WBO und der völlig unbedeutenden IBO, dominiert die Szene nach Belieben. Das liegt an seinem hämmernden Jab, der es ihm ermöglicht, einen gehörigen Sicherheitsabstand zu seinen Kontrahenten zu wahren. Das liegt an seiner Athletik, die besser austrainiert ist als bei allen anderen Berufsboxern, und an seiner mittlerweile großen Erfahrung, die er in den vergangenen Jahren sammeln konnte. Und es liegt nicht zuletzt auch daran, dass der Ukrainer mit Hauptwohnsitz in Hamburg in seiner Laufbahn Rückschläge verkraften musste.

Als er vor einigen Jahren gegen Corrie Sanders und Lamon Brewster zu Boden ging, prophezeiten ihm nicht wenige das vorzeitige Ende der Karriere. Er wurde verspottet, als größtes Handicap wurde ihm angelastet, er habe ein Glaskinn. Eine schlimmere Beleidigung gibt es für einen Boxer wohl nicht, schließlich wird dadurch zum Ausdruck gebracht, dass man einem jegliche Nehmerqualitäten abspricht. In Amerika ist man nach wie vor nicht von ihm überzeugt, weshalb der Kampf gegen Chambers dort nicht ausgestrahlt wurde. Immerhin sorgt Klitschko hierzulande immer wieder für Rekorde. Ein über weite Strecken eher lahmes Gefecht bescherte Fernsehsender RTL einen Zuschauerschnitt von 12,59 Millionen zur vorgerückten Stunde. Das Box-Spektakel ist damit die bislang meistgesehene TV-Sendung in diesem Jahr.

Man fragt sich allerdings, wie Geschäftsmann Klitschko, der über seine Firma „K2” den Kampfabend vermarktet hat, auch künftig den Spannungsbogen einigermaßen hoch halten möchte. Vor dem Duell mit Chambers hatte sein Lager noch darüber fabuliert, wie schwer die aktuelle Aufgabe doch sei. Hinterher stellte Klitschko selbst fest: „Er hat nach der sechsten Runde im Prinzip schon mental aufgegeben. Die zwölf Runden waren von meiner Seite sehr langweilig. Am Ende hat es ja wenigstens noch mit dem Knock-out geklappt.“

Wladimir Klitschkos Trainer, der erfahrene Emanuel Steward, hatte seinen Schützling schon ein paar Runden zuvor gemahnt, die Entscheidung gegen den 15 Zentimeter kleineren und 16 kg leichteren Gegner zu suchen. Doch Klitschko verweigerte ein allzu großes Risiko. Genau diese Haltung macht ihn zu einem zögernden Herrscher auf dem Thron der Schwergewichts-Szene.

Nun bleibt die Frage, wen Klitschko als nächstes vor die Fäuste bekommt. Der Russe Alexander Powetkin ist offizieller Herausforderer des Verbands IBF. Eine wirklich große Prüfung ist aber auch er wohl nicht. Wladimir Klitschko selbst würde sich ohnehin sicherlich lieber einen Kampf gegen den Briten David Haye wünschen, der am 3. April seinen WBA-Titel gegen John Ruiz (USA) verteidigt. Bruder Witali, Inhaber des WBC-Gürtels, kämpft am 29. Mai gegen den polnischen Europameister Albert Sosnowski in der Arena auf Schalke. Wladimir Klitschko will sich zunächst eine Auszeit gönnen. An ein Ende der Laufbahn als Faustkämpfer denkt er noch lange nicht. „Ich bin ein Künstler“, sagt er. „Der Ring ist meine Bühne.“ Ein Duell wird es nicht geben – das mit seinem Bruder Witali: „Wir sind die ersten Brüder im Schwergewicht, die gemeinsam Weltmeister sind. Dass wir uns gegenseitig eliminieren, wird nicht passieren.“

Gianni Costa[Düsseldorf]

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false