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Sport: Der harte Präsident

Jacques Rogge greift durch: Wieder wirft er ein Mitglied wegen Korruption aus dem IOC

Am Dienstag zeigte die Leinwand im Athener „Hotel Caravel“ plötzlich ein schwarzes Bild. Auch über Kopfhörer ließ sich die Live-Übertragung der Versammlung der 124 Mitglieder des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) im benachbarten „Hilton-Hotel“ nicht mehr verfolgen. Für eine Viertelstunde fielen Ton und Bild aus. Als irgendwann die Übertragung wieder einsetzte, waren es nur noch 123 IOC-Mitglieder.

Das IOC hatte in der Zwischenzeit mit 101 Ja-Stimmen den Indonesier Mohammad Bob Hasan ausgeschlossen. Es war kein Zufall, dass dieser Teil der Session nicht öffentlich zu sehen war. „Wir wollten seine Privatsphäre schützen“, erklärte IOC-Sprecherin Giselle Davies. Bereits am Wochenende hatte das Exekutivkomitee das IOC-Mitglied Ivan Slawkow vorläufig ausgeschlossen. Der Bulgare hatte in einem Bericht des britischen Fernsehsenders BBC den Eindruck erweckt, dass seine Stimme für die Vergabe Olympischer Spiele käuflich sei. Der Fall des Indonesiers Bob Hasan liegt etwas länger zurück. Er saß zwischen 2001 bis 2004 in Indonesien wegen Korruption im Gefängnis. Inzwischen ist er rechtskräftig verurteilt, weshalb das IOC ihn nun ausschließen konnte.

Seit der IOC-Präsident Jacques Rogge am vergangenen Mittwoch in Athen ankam, ist er mit Aufräumen beschäftigt. Die Bilanz erscheint imposant: Ein Ausschluss, eine Suspendierung und fünf Personen, denen die Akkreditierung für die Spiele entzogen wurde. Vier von ihnen sind in den BBC-Skandal verwickelt, einer, der Chef der weißrussischen Olympia-Mannschaft, soll in seinem Heimatland am Verschwinden von vier Menschen beteiligt gewesen sein. Er wird die am kommenden Freitag beginnenden Spiele nicht live erleben.

Es sind die ersten Sommerspiele des 2001 gewählten IOC-Chefs Rogge. Er nutzt die internationale Bühne in Athen, um seine harte Linie fortzuführen. In seiner Sessions-Eröffnungsrede sagte der Belgier: „Der Sport muss den Gefahren begegnen, die seine Werte bedrohen, besonders auf den Gebieten Doping und Ethik.“ Unter Rogge intensivierte das IOC die Zusammenarbeit mit der Welt- Anti-Doping-Agentur Wada. Alle Sportverbände, die in Athen dabei sind, mussten den neuen Anti-Doping-Code der Wada unterzeichnen. Die Kontrollen werden intensiviert (siehe Artikel unten rechts). „Ich wäre nicht überrascht, wenn wir in Athen einen Zuwachs an Dopingfällen haben“, sagte Rogge.

Manchen IOC-Mitgliedern geht das Durchgreifen zu weit. So fragte der Syrer Samih Moudallal, ob das IOC nicht Un-Yong Kim beistehen könne, der sich in Südkorea wegen Korruption verantworten muss und den das IOC suspendiert hat. „Wir müssen unsere Mitglieder schützen“, sagte Moudallal. „Das ist ein politischer Fall, er hat in seinem Land viele Feinde.“ Der Kanadier Richard Pound monierte das Auswahlverfahren, das nach dem Bestechungsskandal von Salt Lake City etabliert wurde. Nach diesem dürfen die IOC-Mitglieder die Bewerberstädte nicht mehr besuchen. „Wir sind zu weit gegangen“, sagte Pound.

Doch Rogge, der als Segler dreimal an Olympia teilgenommen hat, ist fest entschlossen. Im Exekutivkomitee hat er feststellen lassen, dass die ideale Mitgliederzahl des IOC 115 ist. Nun muss sich das IOC selber reduzieren, wenn einige Mitglieder das Alterslimit von 75 Jahren erreichen. „Wir werden vor der Session in Turin 2006 keine neuen Mitglieder aufnehmen“, sagte Rogge. „Es sei denn, einige Mitglieder verschwinden in der Zwischenzeit.“ Es war ein Witz, aber es klang wie eine Drohung.

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