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Magath am Boden. Laut Medieninformationen will sich Schalke zum Saisonende von Trainer Felix Magath (hier hinter einem Papier mit seinem Namen) trennen. Foto: dapd

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Sport: Der Herrscher wird vom Hof gejagt

Felix Magath hat Schalke 04 radikal umkrempelt – und so wohl seinen vorzeitigen Abgang provoziert

An einem heißen Tag im Hochsommer saß Clemens Tönnies auf einem Podium, mitten auf dem Rasen der Arena, neben Trainer Felix Magath. Der Vorsitzende des Aufsichtsrates wäre fast geplatzt vor Stolz, weil Magath den spanischen Stürmerstar Raúl nach Gelsenkirchen gelockt hatte. Noch bevor die kickende Legende zu Wort kam, lobte Tönnies den Fußballlehrer in höchsten Tönen: „Der Felix ist ’ne Kanone.“ Aber nicht alles, was Magath als Trainer und Manager seither anpackte, stieß auf so viel Zustimmung wie der Transfer des Angreifers aus Madrid in den Kohlenpott. Schon kurz vor der Halbzeit seines auf vier Jahre angelegten Projekts Schalke steht Magath vor dem Aus. Vor dem 3:1-Sieg im Achtelfinal-Rückspiel in der Champions League gegen den FC Valencia sickerte aus dem Aufsichtsrat durch, dass Magath auf Schalke keine Zukunft mehr hat.

Ein förmlicher Beschluss war (noch) nicht gefasst. Nach Medienberichten strebt das Kontrollgremium jedoch eine Trennung von Magath, der auch Mitglied des Vorstands ist, spätestens zum Saisonende an. Tönnies, dessen Verhältnis zu Magath inzwischen als stark belastet gilt, sagte nur: „Vor einem Schicksalsspiel spricht man nicht über Personalien.“ Ein Vertrauensvotum klingt anders. Der Trainer selbst sagte am Mittwoch, er wisse von nichts und gedenke seinen „Vertrag bis 2013 zu erfüllen“.

Dennoch hat sich Magaths Schalker Agenda 2013 wohl erledigt. Er war im Sommer 2009 angetreten, Schalke binnen vier Jahren zum Deutschen Meister zu machen. Nach einem verheißungsvollen Start wurde der Klub schon in der ersten Saison Vizemeister und qualifizierte sich für die Champions League. In der aktuellen Spielzeit führte Magath seine runderneuerte Mannschaft ins Finale des nationalen Pokalwettbewerbs und machte sie auch für die Champions League wettbewerbsfähig.

In der Bundesliga allerdings sind die Gelsenkirchener weit von ihrem Ziel entfernt, abermals in die Champions League einzuziehen, was nötig wäre, um die hochdotierte Mannschaft weiter finanzieren zu können. „In der Bundesliga hinken wir hinterher“, räumt Magath ein. Schalke trennen nur fünf Punkte vom Relegationsplatz. Die Schwächen in der Liga seien in erster Linie auf den personellen Umbruch zurückzuführen, zu dem er sich veranlasst sah.

Kritiker werfen Magath vor, diesen Umbruch viel zu radikal vorangetrieben zu haben. Der Bundesliga-Zehnte hat eine Reihe von Profis unter Vertrag, die sich als untauglich oder nur eingeschränkt verwendungsfähig erwiesen haben. In der Winterpause überraschte der eigenwillige Impresario mit Transfers, die beim Publikum eine Mischung aus Unverständnis und Spott hervorriefen. In Angelos Charisteas und Ali Karimi warb er zwei Auslaufmodelle an, mit deren Rückkehr in die Bundesliga niemand mehr gerechnet hätte.

Neben einer undurchsichtigen Personalpolitik hat in den vergangenen Monaten das Verhältnis zu einem beträchtlichen Teil der Fans die Position des Mannes geschwächt, der den Klub im Stile eines Alleinherrschers führt. Magath hat große Organisationen wie den Schalker Fanklub-Verband und die Supporters gegen sich aufgebracht, die das Stimmungsbild in der Arena maßgeblich beeinflussen. Das offenbar irreparable Verhältnis zu den Fans stört auch Tönnies. Gerade bei einem volkstümlichen Verein wie Schalke sei es notwendig, „die Fans mitzunehmen, da hat Magath einen Fehler gemacht“. Diesen Fehler versuchte der Trainer mit einer Charmeoffensive auf der Internetplattform „Facebook“ zu korrigieren, doch sein vermeintlicher virtueller Freundeskreis scheint ihm nicht viel zu nützen.

Aus dem Innern des Vereins heißt es schon lange, Magath umgebe sich nur mit einigen wenigen Vertrauten, die er in verschiedenen Abteilungen installiert hat, um alles besser kontrollieren zu können. Mitarbeitern, die schon länger da sind, begegne er mit großem Misstrauen. So mancher auf der Geschäftsstelle empfindet den Manager und seine Gefolgsleute als „eine Art Besatzungsmacht“. Wenn die „Besatzer“ abziehen, käme Horst Heldt zum Zuge. Magath und Tönnies hatten diesen profilierten Manager vor dieser Saison mit einigem Aufwand vom VfB Stuttgart abgeworben. Seitdem absolviert Heldt eine schier unendliche Einarbeitungszeit, ohne offenbar eigenen Gestaltungsspielraum zu haben. Sollte Magath gehen (müssen), käme auf Heldt umso mehr Arbeit zu. Dann wäre der nächste große Umbruch zu bewältigen.

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