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Sport: Der Kampfgeist kehrt zurück

Deutschlands Eishockey-Nationalteam setzt auf alte Tugenden – und gewinnt 7:2 gegen die USA

Hans-Ulrich Esken war in seinem Element. Der Präsident des Deutschen Eishockey-Bundes (DEB) sprach am frühen Mittwochabend in der SAP-Arena in Mannheim von der schönen Zukunft, von der Eishockey-WM 2010. „Sogar Innenminister Otto Schily war bei der Präsentation in Wien dabei, da haben wir total überzeugt.“ Mit 88 zu 5 Stimmen hatte Deutschland im vergangenen Mai bei der Sitzung des internationalen Verbandes den Zuschlag bekommen, die WM 2010 auszurichten. Ein traumhaftes Ergebnis für einen Verband, dessen wichtigste Abteilung ein Jahr lang für Negativergebnisse verantwortlich war: Das miserable Auftreten der Nationalmannschaft gipfelte im Mai im Abstieg bei der A-WM. Und seitdem scheint selbst Esken seinem Team nicht mehr viel zuzutrauen. So war der Vortrag des Präsidenten über längst feststehende Fakten vor dem ersten Spiel der Deutschen beim Nations-Cup gegen die USA wohl eine Art Präventivmaßnahme. Esken wird sich gedacht haben, dass auf dem Eis ohnehin nichts Glorreiches für Deutschland herauskommen könne.

Es kam ganz anders. Nach dem Spiel waren die angedachten Nebendarsteller des Abends zu Hauptdarstellern geworden. 7:2 hatten die Deutschen ihr erstes Turnierspiel gewonnen. 7:2? Gegen die USA? Gut, das amerikanische Team war ohne aktuelle Stars aus der Profiliga NHL angetreten, aber viel stärker besetzt als die WM-Gegner Österreich oder Dänemark, gegen die Deutschland nicht gewonnen hatte. Verständlich, dass da mancher nachher etwas ausflippte: Der Stadionsprecher rief über die Lautsprecher gar den „ersten deutschen Sieg gegen die USA seit 1967“ aus, was Unsinn war. Es war der 24. Sieg im 86. Spiel gegen die Amerikaner, und den letzten Erfolg zuvor gegen die USA gab es 2002.

Trotzdem, die Deutlichkeit des Sieges erstaunte, zumal vieles im deutschen Spiel stimmte, was ein Jahr lang nicht gestimmt hatte. Statt wie in der vorigen Saison komplizierte offensive Spielarten mit dem schönen Namen „Torpedo-System“ zu propagieren, ließ Bundestrainer Greg Poss sein Team das spielen, was es kann. Es wird eben wieder „Eishockey gearbeitet“, wie Nationalmannschaftskapitän Stefan Ustorf von den Berliner Eisbären sagte. Die USA hatten nur eine einzige Konterchance. Die Deutschen dagegen hatten viele Möglichkeiten, auch weil ihr Überzahlspiel funktionierte. Drei deutsche Tore fielen im Powerplay. „Das System, das wir jetzt spielen, ist so einfach, das kann man an einem Tag lernen“, sagte Ustorf. Einfach, aber effektiv und eben so, wie es in der Deutschen Eishockey-Liga viele Klubs spielen. „Die Spieler müssen sich nun im Nationalteam nicht mehr umstellen“, sagt Poss. Damit deutete er an, dass seine Experimente der Vergangenheit angehören. „Es geht darum, dass du die Tugenden deiner Spieler richtig einsetzt“, sagte der zweifache Torschütze Daniel Kreutzer von der Düsseldorfer EG. „Und Kampfgeist ist nun mal die deutsche Tugend im Eishockey. Da macht uns keiner etwas vor.“

Die Erkenntnis, wie der Weg aus der Krise gestaltet werden kann, ist mit einem sehr guten Ergebnis belohnt worden. Heute müssen die Deutschen in ihrem zweiten Spiel beim Nations-Cup in Hannover gegen die Schweiz (19.30 Uhr) beweisen, dass Mannheim keine Ausnahme war. „Wir haben noch einen langen Weg vor uns, um die schlechte vergangene Saison wieder gutzumachen“, sagte Ustorf. Voriges Jahr hatten die Deutschen das gleiche Turnier als Letzter mit vier Niederlagen beschlossen und dabei sechs Tore geschossen – insgesamt.

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