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Sport: Der Kanzler kommt nicht mehr

Bei der Präsentation der neuen Mannschaft versucht das Team Telekom, Jan Ullrichs Abgang schönzureden

Berlin. Der wichtigste politische Gast hatte einen Namen, den niemand kannte: Maria Victoriana Mejia-Marulander. Die designierte Botschafterin Kolumbiens war ins Berliner Dorint-Hotel gekommen, um einem Landsmann Glück zu wünschen. „Hier, bitteschön, ein kleines Andenken aus der Heimat“, sagte Marulander zu Santiago Botero, dem besten Radfahrer Kolumbiens, und überreichte ihm ein Gemälde. Botero, der Zugang des deutschen Radteams Telekom, sah sich das Bild an und lachte. Während sein Team in Deutschland bleibt, fliegt er morgen zum Training zurück in die Heimat.

Vor einem Jahr noch, als Telekom zur Pressekonferenz lud, war alles anders. Da hieß der politische Hauptdarsteller Gerhard Schröder. Er hatte die Fahrer um den deutschen Radstar Jan Ullrich ins Kanzleramt eingeladen, um ihnen zu sagen: „Ihr schreibt eine wirkliche Erfolgsstory.“ Doch der Erfolg blieb aus. Das Team musste sich von den jungen deutschen Mannschaften Coast und Gerolsteiner in der Weltrangliste überholen lassen, Kapitän Jan Ullrich machte Schlagzeilen durch Trainingsrückstände, einen Autounfall und eine Drogenaffäre. Der große Ruhm war dahin. Nun hat auch der Bundeskanzler keine Zeit mehr für das Team Telekom

Das Team will neu anfangen, ohne Jan Ullrich. Starke Fahrer wurden eingekauft aus Italien, Kolumbien und Australien. „In der Spitze sind wir breiter geworden“, sagt Teamsprecher Olaf Ludwig. Ein Star wie Ullrich, der beim Team Coast ein Comeback versucht, fehlt ihnen trotzdem. Auch wenn er in keinem der bunten Filme auftaucht, die an die Erfolge von Telekom erinnern sollten. In den Sätzen der Teammanager wird Ullrichs Name ebenfalls ausgespart. Erst nach 33 Minuten Präsentation rutscht dem Deutschen Meister Danilo Hondo der Name raus, als er vom Trainingslager berichten soll. „Es waren diesmal nicht so viele Medien da, der Jan hat ja gefehlt.“ Im Saal bricht Stille aus.

Nun versuchen sie ohne ihn klarzukommen. Leicht wird das nicht. Da kann Teammanager Walter Godefroot noch so betonen, dass in seiner Heimatstadt Gent der örtliche Fußballverein mal mit elf Ausländern aufgelaufen ist. Am Ende muss er zugeben: „Naja, als sie verloren haben, waren die Fans erst recht sauer.“ Hinzu kommt, dass die Mannschaft sich erst noch finden muss, wie der neue Kapitän Erik Zabel bestätigt.

Der Konzern setzt jedenfalls neue Schwerpunkte. Telekom ist bei Bayern München eingestiegen und sponsert die Fußball-WM 2006. Selbst Konzernvorstand Josef Brauner gibt zu: „In meinem Büro liegen nur Fußbälle.“ Der Satz klingt wie eine Drohung.

Vielleicht aber kann das Team Telekom überraschen. Zabel könnte bei den Frühjahrsrundfahrten punkten, der Italiener Paolo Savoldelli – Sieger des letzten Giro d’ Italia - könnte wieder ein großes Rennen gewinnen und Botero auf einigen Etappen bei der Tour glänzen. Noch aber ist das Team Telekom keine Mannschaft, die sich versteht. Auf die Frage, welche deutschen Worte er schon gelernt habe, antwortete Botero: „Nein."

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