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Sport: Der kleine Bruder der NBA

Die Euroleague entwickelt sich: Inzwischen gilt die Spielklasse, in der Alba Berlin antritt, als zweitstärkste Basketball-Liga der Welt

Von Benedikt Voigt

Berlin. Bereits während der Pressekonferenz kämpfte George Karl mit den Tränen. Später im Mannschaftsbus soll der Trainer des US-Teams tatsächlich geweint haben. Seine Basketball-Profis aus der nordamerikanischen Profiliga NBA hatten bei der Weltmeisterschaft im Viertelfinale gegen Jugoslawien verloren. Schmerzlich hatten George Karl und seine Spieler zu spüren bekommen, dass es mit der Überlegenheit der USA im Basketball vorbei ist. Ein US-amerikanischer Kommentator stellte fest: „Es ist nicht mehr unser Spiel, es gehört allen.“

Zum Beispiel den Europäern, deren Euroleague unter anderem am Donnerstag mit dem Spiel Alba Berlin gegen Efes Istanbul (Max-Schmeling-Halle, 20 Uhr) in die Saison 2002/2003 startet. Die Liga der besten europäischen Klubs hat sich zum Talentpool für die NBA entwickelt. „Als ich 1993 aus dem College kam, spielten drei oder vier Europäer in der NBA“, sagt Albas Mannschaftskapitän Henrik Rödl, „heute sind es 20 bis 30, und es werden immer mehr.“ Vor einigen Jahren bildeten noch die Universitäten, High Schools oder die zweite US-amerikanische Profiliga CBA die Spieler für die beste Liga der Welt aus, nun fahnden die NBA-Scouts in der Euroleague. Sie fanden dort Führungsspieler wie den Spanier Pau Gasol (Memphis), den Russen Andrei Kirilenko (Utah) oder den Franzosen Tony Parker (Seattle).

Inzwischen ist die Euroleague, die von der Union unabhängiger europäischer Basketball-Ligen (Uleb) organisiert wird, die zweitbeste Liga der Welt. In der von 32 auf 24 Mannschaften reduzierten Spielklasse tummelt sich alles, was in Europa Rang und n hat. Alba Berlin bekam das schon bei der Auslosung zu spüren. In der Gruppe A spielen die Berliner neben Efes Istanbul auch gegen die beiden Euroleague-Titelfavoriten FC Barcelona und Benetton Treviso sowie den griechischen Meister AEK Athen und den italienischen Zweiten Skipper Bologna. Der kroatische Meister Cibona Zagreb und der französische Zweite Pau-Orthez ergänzen die Gruppe. Es wird sehr schwer für Alba, unter die ersten fünf zu kommen, die sich für die Zwischenrunde qualifizieren. Der beste Sechstplatzierte der drei Gruppen kommt ebenfalls weiter.

Die Euroleague ist nicht ursächlich für die neue Spielstärke der Europäer. „Die Europaliga gibt es schon länger“, sagt Henrik Rödl. Vielmehr ist die Ausbildung besser geworden, die Europäer haben von den USA gelernt. „Die Euroleague versucht sich der NBA zu nähern“, sagt Albas Trainer Emir Mutapcic, „doch das ist auch ein Problem.“ In der Euroleague, die nach Uleb-Regeln gespielt wird, pfeifen seit der vergangenen Spielzeit drei Schiedsrichter. In der Bundesliga gelten die Regeln des Basketball-Weltverbandes Fiba. Mit zwei Schiedsrichtern. „Ich kann nicht gerade sagen, dass das dem Sport weiterhilft“, sagt Henrik Rödl. Und sein Trainer erklärt: „Wir müssen aufpassen, dass wir nicht eine Entwicklung wie im Boxen haben.“ Dort konkurrieren vier oder fünf Verbände miteinander. Doch momentan entfernen sich Uleb und Fiba weiter voneinander. Mit dem Uleb-Cup, in dem Köln, Frankfurt und Bonn spielen, gibt es erstmals einen Unterbau der Euroleague. Der Sieger dieses Wettbewerbs steigt in die höhere Klasse auf.

Die finanzielle Situation der Euroleague ist schwieriger geworden. Vor zwei Jahren freuten sich die Klubs noch über rund 500 000 Dollar Antrittsgeld, in dieser Saison dürfte sich diese Summe mehr als halbieren. „Das ist noch nicht exakt definiert“, sagt Albas Manager Carsten Kerner, „wir sind in Verhandlungen.“ Der Vermarkter der Liga, das spanische Telekommunikationsunternehmen Telefonica, kann seine Ausgaben nicht mehr refinanzieren. Ein Grund ist die Fernsehmisere des Basketballs in Griechenland. Dort konnte wie in der vergangenen Saison kein Fernsehvertrag für die Euroleague abgeschlossen werden. In Deutschland ist dies ohnehin die Regel.

Seit sechs Jahren spielt Alba in der Europaliga, noch nie kamen die Berliner in die Finalrunde der besten vier Klubs. Und angesichts der Stärke der Liga bleibt Alba bescheiden. Trainer Emir Mutapcic sagt: „Wir müssen zufrieden sein, dass wir in dieser Liga spielen.“

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