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Sport: Der lange Schatten des Stabhochspringers

Tennisprofi Sergej Bubka Junior versucht bei den US Open, mehr als der Sohn seines Vaters zu sein

Sergej Bubka hat schon früh gemerkt, dass er etwas mit sich herumtrug, was ihn für andere interessant macht: den Namen seines berühmten Vaters. Bubka Senior setzte im Stabhochsprung in den Achtziger- und Neunzigerjahren Maßstäbe, die bis heute nicht überboten wurden. Doch dass dieses Interesse im Grunde nicht ihm als Person galt, erkannte der junge Bubka vor acht Jahren bei den Australian Open. Damals, als 15-Jähriger, schied er in der ersten Runde des Juniorenwettbewerbs aus. Niemand würde normalerweise von so einer Tatsache Notiz nehmen, doch Bubka wurde in Melbourne in den größten Pressesaal geführt, der sonst den Besten der Branche vorbehalten ist. „Es war eine riesige Pressekonferenz, und alles nur wegen meines Vaters“, erinnert sich der inzwischen 24 Jahre alte Ukrainer.

Am Dienstag in New York war wieder einer dieser Momente für Sergej Bubka. Zum ersten Mal hatte er sich bei einem Grand-Slam-Turnier für das Hauptfeld qualifiziert und auf Anhieb mit einem 6:3, 6:2, 3:6 und 6:4-Sieg über den Österreicher Andreas Haider-Maurer die zweite Runde erreicht. Im Normalfall wäre es für die Journalisten dennoch eine Randnotiz geblieben, denn ein derart spätes Debüt auf großer Bühne lässt meist auf ein eher durchschnittliches Talent schließen. Und bisher hatte Bubka auch wenig Anlass geboten, dieses Urteil zu revidieren. Derzeit ist er nur die Nummer 207 der Welt. Doch der große Name führte wieder zu großem Andrang bei der Pressekonferenz. Da saß er nun im Bauch des Arthur-Ashe-Stadiums und schaute in zahllose, neugierige Gesichter, die alle das Gleiche zu denken schienen: Diese Ähnlichkeit ist verblüffend – die strahlend blauen Augen, die dunklen Haare und die kompakte Athletenfigur. Es fehlte nur der Stab.

Dass er diesen Namen trage, sei manchmal hart, erklärte Bubka, doch er habe nie einen anderen haben wollen. Trotzdem wünsche er sich nichts mehr, als nicht ständig an seinem Vater gemessen zu werden. Deshalb begann er mit Tennis und verzichtete lieber auf die Leichtathletik. „Ich wollte nicht so direkt mit ihm verglichen werden“, meinte der Junior, „mein Vater hat die Latte ziemlich hoch gelegt.“ 1988 wurde sein Vater in Seoul Olympiasieger und zwischen 1983 bis 1997 sechsmal in Folge Weltmeister. Er stellte insgesamt 35 Weltrekorde auf und schaffte 43 Sprünge über die Sechs-Meter-Marke. Mit 6,14 Meter hält der heute 47-jährige Bubka immer noch den aktuellen Weltrekord.

Da kann sein Sohn nicht mithalten. Höher als Rang 176 war er in der Welt bisher nie platziert, ist noch titellos und stand im Februar in Dubai überhaupt erstmals im Hauptfeld eines 500er-Turniers. Sein Aufschlag ist eine Wucht und rekordverdächtig, der Rest jedoch eher Durchschnitt. Für gewöhnlich spielt Bubka auf der Challenger-Tour und scheitert regelmäßig in den Qualifikationen zu größeren Turnieren. Doch Vorwürfe gibt es von seinem Vater nicht. „Er freut sich sehr für mich, dass ich mich verbessere und nun den ersten Durchbruch geschafft habe“, berichtete er von einem Telefonat mit Bubka Senior, der sich derzeit bei der Leichtathletik-WM in Daegu aufhält.

Er habe sich einen Fünfjahresplan zurechtgelegt, sagte Bubka, bis dahin will er es unter die besten 100 geschafft haben. „Ich möchte als Tennisspieler wahrgenommen werden. Und nicht immer als Sohn des großen Stabhochspringers.“ Dennoch habe er viel von seinem Vater gelernt: „Er sagt mir immer: Wenn du dich selbst schlagen kannst, kannst du jeden schlagen – denn oft kämpft man mit sich selbst.“ Manchmal sei es eben morgens schwer, sich zu harter Arbeit zu motivieren, fügte er hinzu, aber man müsse sich dazu zwingen. Das tat er auch, nachdem er im Juli 2010 einen schweren Autounfall überlebt hatte. Eine lange Narbe auf der Stirn, Nackenprobleme, Kopfschmerzen und Schwindelgefühle zeugen noch immer davon. „Tennis und Stabhochsprung sind gar nicht so verschieden“, sagte Bubka, „man hat drei Versuche, und selbst mit dem letzten kann man noch gewinnen.“

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