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Sport: Der letzte Anlauf

Das IOC gibt den Griechen Kenteris und Thanou noch bis Mittwoch Zeit, um sich zu erklären

Wer den Haupteingang der U-Bahnstation am Syntagma-Platz betritt, sieht Ekaterini Thanou hinter einer Glaswand sprinten. Ein Sponsor hat das Plakat mit der griechischen 100-Meter-Läuferin ausgehängt und darüber seinen Slogan geschrieben: Unmöglich ist nichts. Tatsächlich soll bei ihr und dem griechischen 200-Meter-Sprinter Konstantinos Kenteris vieles möglich sein. Sogar ein Motorradunfall der beiden, der ausgerechnet in der Nacht nach jenem Tag passiert sein soll, an dem die seit langem dopingverdächtigen Sportler nicht für einen Dopingtest aufzufinden waren.

Ob so etwas in Athen möglich ist, darüber wird die Disziplinkommission des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) am Mittwoch befinden. Eigentlich hätte sie schon gestern einen Beschluss treffen und dem Exekutivkomitee des IOC zur Entscheidung vorlegen sollen. Die Exekutive könnte die beiden Sprinter dann von den Olympischen Spielen ausschließen. Ihr griechischer Anwalt Michalis Dimitrakopoulos erreichte jedoch, dass der Fall um zwei Tage verschoben wird, damit sich die beiden Athleten vor dem Gremium verteidigen können. „Die beiden waren medizinisch nicht gesund genug, um vor der Kommission zu erscheinen“, sagte IOC-Sprecherin Giselle Davis. Dimitrakopoulos freute sich über die Entscheidung: „Wir haben den ersten Kampf gewonnen. Ich habe um einen Aufschub gebeten, weil die beiden Athleten, die um ihre Geschichte und ihren Namen kämpfen, ein Recht darauf haben, angehört zu werden.“

Er hat nun dem IOC zugesichert, dass Thanou und Kenteris am Mittwoch erscheinen werden, „und wenn sie auf Krücken kommen müssen“. Der umstrittene Trainer der beiden griechischen Leichtathleten, Christos Tsekos, ist als Zeuge vor die Disziplinarkommission vorgeladen, der auch der IOC-Vizepräsident Thomas Bach angehört. Die Kommission untersucht zwei Verstöße gegen die Dopingrichtlinien: den verpassten Test im Olympischen Dorf vom vorigen Donnerstag und einen weiteren Vorfall vom vergangenen Mittwoch in Chicago. Dort konnte ein Kontrolleur die beiden Griechen ebenfalls nicht erreichen. „Die Kommission untersucht die Umstände über die Verfügbarkeit der Athleten vom 30. Juli bis jetzt“, sagte IOC-Generaldirektor François Carrard. Kenteris und Thanou befanden sich am Montag weiter streng von der Öffentlichkeit abgeschirmt im KAT-Krankenhaus im Athener Osten. Kenteris trägt eine Halskrause, weil er ein Schleudertrauma erlitten haben soll. Patrick Schamasch, der medizinische Direktor des IOC, hat die beiden Athleten unmittelbar nach dem Unfall im Krankenhaus gesehen. „Er hat sie aber nicht untersucht“, sagte Carrard, „das ist Sache der griechischen Ärzte.“ Unterdessen hat die Athener Staatsanwaltschaft Ermittlungen gegen Thanou und Kenteris eingeleitet. Sie will den dubiosen Motorradunfall prüfen und außerdem, ob ein Verstoß gegen das Anti-Doping-Gesetz vorliegt.

Kenteris meldete sich am Montag erstmals öffentlich zu Wort und beteuerte seine Unschuld. Wie das Athener Blatt „Goal“ berichtete, bestritt der Sprinter, einen Dopingtest verweigert zu haben. „Ich bin zu keinem Zeitpunkt von irgendjemandem über eine Dopingkontrolle informiert worden“, sagte er. Es schmerze ihn, dass ihm seine Anhänger in den Rücken fallen. „Diejenigen, die mich jetzt zerreißen, sind genau die, die bis vor kurzem nach jedem Sieg mit mir fotografieren ließen.“

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