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Sport: Der liebe, kranke Sport

Egal, wie sich der oberste Baseball-Funktionär Bud Selig verhält, es wird nicht gut aussehen. Irgendwann in den nächsten Tagen wird Barry Bonds den ewigen Rekord von 755 Homeruns brechen, und Selig hat sich noch immer nicht entschieden, ob er Bonds ehren oder ignorieren soll.

Egal, wie sich der oberste Baseball-Funktionär Bud Selig verhält, es wird nicht gut aussehen. Irgendwann in den nächsten Tagen wird Barry Bonds den ewigen Rekord von 755 Homeruns brechen, und Selig hat sich noch immer nicht entschieden, ob er Bonds ehren oder ignorieren soll. So oder so – allein die Tatsache, dass der schwer dopingbelastete Bonds spielt und Homeruns schlägt, ist blamabel für Selig. Sie ist Zeugnis seiner zahnlosen und bis vor zwei Jahren praktisch nicht vorhandenen Anti-Doping-Politik.

Die Scheuklappen von Selig in Anbetracht des grassierenden Anabolika- und Amphetamingebrauchs im einst unangefochtenen amerikanischen Nationalsport Nummer eins haben dem Baseball schwer geschadet. Der Bonds-Rekord ist nur eine weitere von zahlreichen Peinlichkeiten, die der Sport in den vergangenen zwei Jahren über sich ergehen lassen musste. Öffentliche Anhörungen vor dem Kongress gab es, eine unabhängige Untersuchungskommission wurde den Baseballern auf den Hals gehetzt und Dutzende von Staatsanwälte ermitteln derzeit die Bezugskanäle der dopenden Schlagballspieler.

Aber: Die Fans bleiben dem Sport bislang treu. Mehr als zehn Millionen Tickets pro Saison werden verkauft, 200 Millionen Dollar werden im Jahr umgesetzt. Zum Jahresbeginn hat die MLB (Major League Baseball) neue lukrative TV- Deals und Sponsorenverträge abgeschlossen. Dennoch wird auch über eine Krise des Baseball geredet. Baseball-Legende Dave Winfield hat gerade ein Buch mit dem Titel „Der Sport, den ich liebe, ist krank“ veröffentlicht. Winfields Diagnose: Die tiefe Verbindung zwischen Fans und Spielern und allen, die Baseball lieben, ist nicht mehr das, was sie über Jahrzehnte war. Baseball ist zu einem beliebigen Entertainmentprodukt verkommen – und nicht mehr lebenslange Leidenschaft. Dafür spricht auch eine Umfrage der Zeitung „USA Today“. Trotz hoher Zuschauerzahlen bezeichnen sich so wenige Menschen wie noch nie als echte Baseball-Fans. Und den meisten ist es wohl auch egal, ob der Bonds-Rekord redlich erarbeitet oder erschlichen ist. „Es nehmen doch alle was, und insofern ist Barry dann doch wieder der Größte“, sagte kürzlich ein Fan bei einem Spiel zwischen den Chicago Cubs und den New York Mets.

An dieser Stelle erklären die US-Korrespondenten Matthias B. Krause und Phänomene aus dem nordamerikanischen Sport.

Sebastian Moll

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