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Sport: Der Medien-Rummel um seine Beziehung zu Steffi Graf macht den Star mürrisch, einsilbig und fahrig

Die ketzerische Frage musste ja kommen: "Macht Liebe schwach?", rätselt die Münchner "Abendzeitung" am Tag nach der unerwarteten Niederlage von Andre Agassi auf dem Center Court beim hochdotierten Grand Slam Cup.

Die ketzerische Frage musste ja kommen: "Macht Liebe schwach?", rätselt die Münchner "Abendzeitung" am Tag nach der unerwarteten Niederlage von Andre Agassi auf dem Center Court beim hochdotierten Grand Slam Cup. Der Weltranglisten-Erste, von "Bild" mit der liebevoll-lapidaren Feststellung "Jetzt mehr Zeit für Steffi" getröstet, war für solche Ermittlungen nicht zu haben: "Ich habe gegen einen übermächtigen Gegner verloren", sprach Agassi genervt, "andere Geheimnisse gibt es überhaupt nicht."

Doch vielleicht zum ersten Mal in seiner gut zehnjährigen Profikarriere wirkte der geborene Entertainer überwältigt und überrumpelt vom großen Medienauftrieb, der durch die Enthüllung des "süßen Liebesgeheimnisses mit Steffi Graf" ("Daily Mail") entstanden ist. Mürrisch, abweisend, einsilbig und fahrig spulte der "Mann der Saison" im Tennis-Wanderzirkus die Talkshow mit den Journalisten nach der 0:6, 7:6, 4:6-Niederlage gegen Thomas Haas am Donnerstag ab. "So waren die Pressekonferenzen mit Steffi Graf in ihren düstersten Zeiten", merkte ein Zyniker im Auditorium an. Verstockt antwortete Agassi auf die Nachforschung, wie es wirklich um ihn und Steffi Graf stehe: "Ich genieße meine Zeit mit ihr." Dann rubbelte er sich, den Blick nach unten gesenkt, zum hundertsten Mal den Schweiß von der Glatze.

Er habe sich den "Rummel" wirklich nicht in diesen Ausmaßen vorgestellt, vertraute Agassi am Donnerstagabend seinem Freund Boris Becker bei einem gemeinsamen Wiesn-Besuch im schicken Käfer-Zelt an. Auch die Stippvisite aufs Oktoberfest war wieder überschattet vom Auftrieb der Paparazzi und TV-Crews, die gegen 23 Uhr aus dem Umfeld der Ehrenlogen verbannt wurden. Währenddessen traf Agassi-Freundin Steffi Graf nach Kurzbesuchen in Wien, Berlin und Heidelberg in München ein, wo ihr "Herzblatt" die 585 Quadratmeter große Edelsuite im "Bayerischen Hof" noch bis zum Wochenende bewohnen will.

Agassi wolle jetzt, so sagt sein Trainer Brad Gilbert, unbedingt wieder "in Schwung kommen", um das törichte Gerede zu zerstreuen, er befinde sich womöglich in einer Art "Romeo-Falle": "Er will und wird das Jahr als Nummer eins beenden", so der Coach, "daran wird ihn nichts hindern." Schon nächste Woche schlägt der French- und US-Open-Sieger beim hochkarätig besetzten Hallenwettbewerb in Basel auf und muss dort ein erhebliches Punktepolster von seinem letztjährigen Finalvorstoß verteidigen.

Becker macht sich nicht die geringsten Sorgen um den vom alten Intimfeind zum neuen Kumpel mutierten Agassi: "Er hat seit Flushing Meadow kaum den Schläger in der Hand gehabt und sich nicht nur um Steffi, sondern auch um seine große Wohltätigkeitsveranstaltung in Las Vegas gekümmert. Wenn er ein paar Tage hart trainiert, wird er schnell auf seinem alten Level sein." Agassi sei eigentlich auch routiniert genug, um die "ganze Pressegeschichte wegzustecken".

Obwohl die absoluten Höhepunkte dieser Spielzeit vorüber sind, müsste Agassi tatsächlich noch genug Motivation für den heißen Tennis-Herbst besitzen. Der zweimalige Grand-Slam-Champion dieser letzten Saison des Jahrhunderts könnte 1999 zum ersten Mal in seiner wechselvollen Laufbahn die Nummer-eins-Position bei der großen Schlussabrechnung einnehmen. In den letzten sechs Jahren hatte stets Pete Sampras das Abonnement auf den ersten Weltranglisten-Platz besessen. "Natürlich ist das ein Ziel, für das es sich zu arbeiten lohnt", sagte Agassi am Donnerstag, auch wenn es nach der aktuellen Grand-Slam-Cup-Pleite etwas matt und kraftlos klang.

Jörg Allmeroth

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