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Gianni Infantino (2.v.r.) hatte prominente Unterstützer, hier Luis Figo, José Mourinho, Vladimir Smicer und Fabio Capello (v.r.n.l.).

© Imago

Der neue Fifa-Präsident: Gianni Infantino: Der geborene Funktionär

Bei der Uefa war Gianni Infantino ein Mann der zweiten Reihe. Jetzt ist er Fifa-Präsident. Dem blassen Schweizer fehlt eine Aura, aber mit seinen Versprechungen hat er sich viele Stimmen gesichert.

Es sah wenig elegant aus, wie Gianni Infantino den Ball mit der Fußspitze zu spielen versuchte. Dabei war der 45-Jährige kaum älter als die Nebenleute auf dem Rasen des Wembleystadions. Doch mit der Fußballkunst von Luis Figo, Roberto Carlos oder Clarence Seedorf kann eben nicht jeder mithalten. Im Gegenteil, die Altstars des Weltfußballs waren ja zu diesem PR-Termin gekommen, damit ihre Leuchtkraft abfärbt auf Infantino, den Kandidaten ohne eigene Aura. Der blasse Schweizer, als Uefa-Generalsekretär immer ein Mann der zweiten Reihe, hat jetzt das wichtigste Amt im Weltfußball übernommen.

Infantino kennt viele Leute im Fußball, aber die meisten Fans kennen den Mann mit der Glatze, wenn überhaupt, nur als die Losfee des europäischen Verbandes. Vor Champions League und Europameisterschaften zieht er Kugeln aus Töpfen und moderiert mehrsprachig. Als Ersatz für seinen gesperrten Chef Michel Platini hat er die Fifa-Krone nach Europa geholt. Aber ist er ein Hoffnungsträger für einen Wandel im Weltverband?

Infantino verspricht ein WM-Turnier mit 40 Teams

Vor ein paar Wochen verkündete Infantino in London, vor Unterstützern wie José Mourinho und Fabio Capello, sein Wahlprogramm für die ersten 90 Tage, falls er am 26. Februar zum Nachfolger des ebenfalls gesperrten Joseph Blatters gewählt wird. „Politiker brauchen normal 100 Tage“, sagte er. „Aber ich bin kein Politiker. Ich bin ein Macher.“ In erster Linie ist Infantino jedoch Funktionär. Und deshalb blieb von seinen blumigen Sätzen über Glaubwürdigkeit vor allem hängen, welche Wahlgeschenke er in Aussicht stellte: ein WM-Turnier mit 40 statt 32 Mannschaften. Künftig auch mal vier bis sechs Länder als gemeinsame WM-Ausrichter.

Mindestens 50 Prozent des Fifa-Budgets in die Entwicklung des Fußballs. Und ein Generalsekretär, der nicht mehr aus Europa kommen solle. „Warum nicht mal ein Afrikaner?“, fragte er in die Runde. Angesprochen fühlen dürften sich all die Verbände, vor allem aus Afrika und der Karibik, die sich noch nicht entschieden haben, welchem Kandidaten sie ihre Stimme geben. Es ist die gleiche Taktik, die nicht erst seit Blatter alle Fifa-Kandidaten nutzen: Einfach noch mehr versprechen als die Konkurrenten, vor allem Geld und Posten.

Infantino war eigentlich nicht der ganz große Favorit. Er war eher der Herausforderr von Scheich Salman bin Chalifa. Im Januar teilte die Uefa mit, „eine Mehrheit“ stehe hinter ihm, also nicht alle. Der Deutsche Fußball-Bund gehört dazu. Doch die Unterstützer nahmen zu, die südamerikanischen und mittelamerikanischen Verbände signalisierten im Laufe des Wahlkampfs Schützenhilfe. Schließlich ist Infantino der Notnagel, auf den sich die mächtigen Europäer verständigt haben, nachdem ihr Chef und Kandidat Platini für krumme Deals mit Blatter gesperrt wurde. Seitdem kandidierte Infantino auf Hochtouren, flog um die Welt und umgarnte das Wahlvolk. Die Uefa hat ihm dabei ein großzügiges Kampagnenbudget von 500 000 Euro zur Verfügung gestellt.

Aber was will dieser Gianni Infantino, jenseits aller Hochglanz-Programme voller Floskeln? Was treibt den treuen Parteisoldaten? Im Prinzip ist Infantino der geborene Funktionär. Nicht nur, weil der Sohn italienischer Einwanderer im Wallis zur Welt kam, der Heimat von Joseph Blatter. „Ich organisiere Fußballturniere, seit ich elf, zwölf Jahre alt bin“, hat Infantino kürzlich der „Welt“ verraten. An der Uni beriet der Rechtsanwalt Fußballgremien. 15 Jahre lang diente er sich in der Uefa hoch, agierte unauffällig bis unfallfrei, bis ihn die Führung des europäischen Verbandes zum Ersatz-Kandidaten für Platini kürte. Manche glauben, man wolle Infantino nur zur Fifa wegloben. Aber er hat offenbar Geschmack an der Vorstellung gefunden, mit Mitte 40 Chef des Weltfußballs zu werden.

Jetzt ist er tatsächlich der mächtigste Mann der Fußballwelt geworden. Es wird sich zeigen, ob und wie schnell er sich lösen kann von alten Verbindungen und Abhängigkeiten und von seinem Ziehvater Michel Platini.

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