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Sport: Der Neue kommt an

Jeff Friesen ist für das Spiel der Eisbären wichtig, weil er Frische mit Routine vereint

Von Katrin Schulze

Berlin – Nur mit dem Takt klappte es noch nicht so gut. Macht nichts. Jeff Friesen klatschte einfach in einem beliebigen Rhythmus mit, als die Hymne der Eisbären aus den Boxen dröhnte. Drollig sah es aus, wie er sich so bei der Ehrenrunde seines Teams am Sonntag mit einer Mischung aus Hilflosigkeit und Begeisterung über das Eis schwang. „Unglaublich, welche Stimmung hier herrscht. Das kann ich kaum fassen“, sagte Friesen später. Ein bisschen gemogelt ist diese Unbedarftheit dann allerdings doch, denn in Wirklichkeit hat der Kanadier schon hinreichend Erfahrung im hochklassigen Eishockey gesammelt. Die bedeutendste Trophäe dieser Sportart, den Stanley Cup, hat Jeff Friesen einst gewonnen.

Dass er nun für die Eisbären in Deutschland aufläuft, bezeichnet sein neuer Chef als „Glücksfall“. Der Berliner Trainer Don Jackson hat ein Faible für Typen wie Friesen. Obwohl der 33 Jahre alte Stürmer in den vergangenen beiden Jahren wegen einer langwierigen Leistenverletzung nicht professionell Eishockey spielen konnte, entpuppte er sich beim ersten Saison-Heimspiel der Berliner schon als Führungsfigur. „Er hängt sich richtig rein“, sagt Jackson. „Und er wird von Tag zu Tag besser.“ Mit dem Takt des Berliner Spiels kommt der Kanadier in der Tat schon erstaunlich gut klar: Beim 3:0-Erfolg der Eisbären am Sonntagnachmittag gegen den ERC Ingolstadt leitete er erst das 1:0 ein und schoss danach selbst noch ein Tor.

Der Import aus Nordamerika ist in Berlin angekommen. „Man sieht schon jetzt, nach zwei Partien, welche Bereicherung er für unser Team ist“, sagt sein junger Sturmkollege Daniel Weiß. Es ist die scheinbar widersprüchliche Attitüde, die Jeff Friesen für die Eisbären derzeit so wertvoll macht: Er ist unverbraucht und erfahren zugleich. Die Frische eines motivierten Neulings bekommt einer so erfolgsverwöhnten und eingespielten Berliner Mannschaft gut. Und Friesens Routine dürfte seinem neuen Klub schon deshalb ins Konzept passen, weil sich mit Mark Beaufait zuletzt ein langjähriger Leistungsträger in den Ruhestand verabschiedet hatte.

Gerade nach einem Debakel wie der 3:8-Auftaktniederlage der Berliner bei den Kassel Huskies weiß jemand wie Friesen, im entscheidenden Moment den richtigen Impuls zu setzen. „Die erste Begegnung war eine Lehrstunde für uns“, sagte der Kanadier. „So was wird uns nicht noch einmal passieren.“ Sätze wie diese könnten auch von Don Jackson stammen – es fällt nicht schwer, sich auszumalen, wie sich der Berliner Trainer und sein neuer Liebling angeregt über ihre Zeit in den USA austauschen.

Die Vergangenheit von Jeff Friesen spielt auch bei den Eisbären noch mit. Am Sonntag trug er unter dem blauen Eisbären-Trikot mit der Nummer 39 die Unterwäsche aus der nordamerikanischen Profiliga – das NHL-Logo schimmerte wie eine kleine Huldigung auf seinem linken Oberarm. „Natürlich ist es mein Traum, irgendwann wieder in der NHL zu spielen“, sagt er. „Momentan konzentriere ich mich aber voll und ganz auf die Eisbären.“ Es dürfte nicht mehr lange dauern, bis Jeff Friesen auch die Vereinshymne seines neuen Arbeitgebers beherrscht.

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