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Sasa Obradovic

© dapd

Der neue Trainer von Alba Berlin: Obradovic: Vor der Glatze sind alle gleich

Trainer Sasa Obradovic verkörpert Albas alte Werte und soll dem Klub zu neuem Glanz verhelfen. Als Profi war der ehemalige Aufbauspieler maßgeblich an Albas Aufstieg beteiligt.

Am Mittag erst war Sasa Obradovic in seiner alten Heimat angekommen, am Abend reiste er gleich noch etwas weiter in seine Vergangenheit. Um 13.25 Uhr war der 43-Jährige aus Kiew kommend in Tegel gelandet, schon wenige Stunden später betrat er die Sömmeringhalle. Dort, wo der Serbe einst das Trikot von Alba Berlin getragen hatte, absolvierte die deutsche Junioren-Nationalmannschaft an diesem 5. Juni 2012 ein Testspiel. Obradovic setzte sich gemeinsam mit Sportdirektor Mithat Demirel auf die halbvolle Tribüne, etwas abseits der anderen Zuschauer, unbemerkt. Wenn die Berliner Basketballer am 3. Oktober in die neue Saison starten, wird Obradovic aber im Rampenlicht stehen: Als Trainer soll er den Verein in alte Zeiten zurückführen.

Die muffige Sömmeringhalle, in der die Verbindung zwischen Obradovic und Alba 1994 begann, hat der Verein längst hinter sich gelassen. Doch auch in der hochmodernen Arena am Ostbahnhof, in der Alba mittlerweile antritt, sind die Eigenschaften gefragt, für die Obradovic als Spieler einst stand – und die dem Berliner zuletzt abhanden gekommen waren. „Volle Einsatzbereitschaft, Kampfkraft, Mut, Hingabe und Leidenschaft für den maximalen Erfolg“, so fasst Albas Aufsichtsrat und Geldgeber Axel Schweitzer die Persönlichkeit des neuen Trainers zusammen. „Sasa Obradovic ist für uns der denkbar beste Coach.“

Als Profi war der ehemalige Aufbauspieler maßgeblich an Albas Aufstieg beteiligt, er gehörte der Mannschaft an, die 1995 den europäischen Korac-Cup gewann, 1997 holte er als Spielmacher und Kopf des Teams den ersten von acht Meistertiteln nach Berlin. Als Spieler war Obradovic hoch talentiert und gut ausgebildet, hart zu sich selbst und zum Gegner giftig, unermüdlich. All das soll auch das von ihm neu zusammen gestellte Berliner Team sein. „Ich denke nicht über die Erwartungshaltung von anderen nach, ich selbst habe die größten Erwartungen“, sagt Obradovic über seine Ziele.

In der vergangenen Saison war Alba blamabel im Play-off-Viertelfinale am Aufsteiger Würzburg gescheitert, Trainer Gordon Herbert war es nicht gelungen, das volle Potenzial seiner Spieler auszureizen, das Team zerfiel im entscheidenden Moment in seine Einzelteile. Es ist schwer vorstellbar, dass sich so etwas unter Obradovics strengem Blick wiederholt. „Ich bin sicher, dass das Team jeden Tag sein Maximum geben wird“, sagt Obradovic. Dafür wird er sorgen, das hat er schnell klar gemacht: „Die Spieler müssen in jedem Training Druck spüren, nur so können sie in wichtigen Spielen bestehen.“ Unter seinem Vorgänger war das anders, der Psychologe Herbert schonte seine Leistungsträger bisweilen, einige Profis schienen einen Sonderstatus zu genießen. Vor Obradovic, dem grimmigen Mann mit der Glatze, sollen nun alle gleich sein.

Gelassenheit und Temperamentsausbrüche liegen bei Obradovic nah beieinander. An der Seitenlinie steckt er die Hände häufig in die Hosentaschen, trotzdem ist seine Anspannung in jeder Sekunde sichtbar. Wenn er sich dann mit der Hand über seinen kahlen Schädel streicht, ist das für seine Spieler kein gutes Zeichen. Kurz darauf fängt er meist an, wild zu gestikulieren und zu brüllen, als wolle er sich gleich selbst einwechseln. „Ich werde nicht drei oder vier Fehler abwarten, bis ich reagiere – die Messlatte liegt höher“, sagt er. „Es ist meine Entscheidung, wer spielt und wer eine Pause braucht. Es kann jeden treffen, das müssen die Spieler akzeptieren.“

Geduld ist offenkundig keine große Stärke von Sasa Obradovic, er will Alba schnellstmöglich dorthin zurückbringen, wo er den Verein schon als Spieler hingeführt hatte: an die Spitze des deutschen Basketballs. Er wolle seine Spieler nicht mit sich selbst vergleichen, sagt Obradovic, doch es bedarf nicht viel Fantasie, um sich vorzustellen, welche Maßstäbe der Coach anlegt. „Andere hoffen vielleicht auf ein Wunder“, sagt Obradovic. „Ich will jeden Tag Wunder sehen.“

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