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Sport: Der olympische Frieden

Nach seiner Wahl will der neue NOK-Chef Steinbach die Anhänger seines Vorgängers Tröger einbinden

Berlin. Walther Tröger war am Montag wieder im Büro. Pünktlich um halb neun kam er in die Zentrale des Nationalen Olympischen Komitees (NOK) in Frankfurt am Main und setzte sich an seinen Schreibtisch. Der 73-Jährige tat, was er in den vergangenen Jahren immer getan hatte: Er schrieb Briefe, telefonierte, las Akten. „Walther Tröger hat einiges aufzuarbeiten“, sagt NOK-Sprecher Stefan Volknant. Eigentlich meint Volknant die liegen gebliebene Korrespondenz vom Wochenende. Doch Tröger muss ganz andere Dinge aufarbeiten. Am Sonntag wurde er von der NOK-Versammlung in Nürnberg aus seinem Amt gewählt, Nachfolger wurde der 48-jährige Klaus Steinbach. Tröger ist nicht mehr Präsident, sondern Ehrenpräsident. Ob er sein Büro behalten darf, ist noch offen.

Auch Klaus Steinbach, der einstige Schwimmstar und jetzige Präsident, war am Montagmorgen unterwegs. Der Orthopäde absolvierte eine Visite in seiner Reha-Klinik in Weiskirchen an der Saar. Von seinen Kollegen bekam er eine Sahnetorte geschenkt, die mit Calvados gefüllt und mit olympischen Ringen verziert war. Gegessen hat er nur ein kleines Stück. „Wir müssen erst mal die Wahl verdauen“, sagt Steinbach. Heute will er sich in der Verbandszentrale als neuer Chef vorstellen. Steinbach, der das NOK besser managen möchte, fordert die Tröger-Fraktion zur Kooperation auf: „Jeder sollte für unser gemeinsames Ziel arbeiten.“

Der Neue hat jetzt viele Termine. Noch in dieser Woche will sich Steinbach mit den Spitzen von Deutschem Sportbund (DSB), Sporthilfe und Sport-Marketing treffen. Dabei kann er sein oberstes Wahlziel verwirklichen: bessere Kommunikation. „Wir freuen uns auf die Zusammenarbeit“, sagt DSB-Chef Manfred von Richthofen. Er schlägt vor, das NOK in die Gespräche zwischen Sport und Kultusministern einzubeziehen. Derzeit verhandelt der DSB darüber, welche sportlichen Inhalte in Schulbücher aufgenommen werden. Über seine eigene Rolle beim Machtwechsel will von Richthofen nicht reden. Dass er hinter den Kulissen gegen Tröger intrigiert hat, weist er offiziell zurück. „Es ist gut vorgearbeitet worden“, sagt er nur.

Auch der Vizechef des Internationalen Olympischen Komitees (IOC), Thomas Bach, der Steinbach sichtbar und unsichtbar unterstützt hatte, weicht diesem Thema aus. Den Vorwurf von Tröger, er stecke hinter der Abwahl, kommentiert Bach so: „Ich bin immer dafür, dass erfolgreiche Athleten in wichtige Positionen kommen.“ Ob Steinbach auch bald ins IOC aufsteigt, ließ Bach offen: „Es gibt wenige freie Plätze, aber das kann sich ändern.“ Ein Posten für Steinbach im wichtigsten Sportgremium der Welt könnte für die deutsche Bewerbung um Olympia 2012 entscheidend sein. Im Januar fährt Steinbach zum Antrittsbesuch nach Lausanne.

Ebenfalls wichtig dürften die Beziehungen zwischen NOK und Regierung sein, die unter Trögers Ägide abgekühlt waren. „Für uns gibt es keinen Grund, einen Gesprächswunsch von Herrn Steinbach abzuschlagen“, heißt es wohlwollend aus dem Kanzleramt. Innenminister Otto Schily bot Steinbach in einem Brief ein Treffen an. An Tröger schrieb Schily dagegen: „Der Wechsel in zentralen Funktionen zählt zu den Grundlagen demokratischer Führungsstrukturen.“

Auf Klaus Steinbach wartet nun viel Arbeit. Die Reform innerhalb des NOK wird ebenso schwer wie die verbesserte Außenwirkung. Für beides steht symbolisch das offizielle Mitteilungsblatt NOK-Report. In dem Magazin wurde vor der Wahl nicht nur Steinbach angegriffen. Auch Dopingopfer, Journalisten und sogar der Bundeskanzler wurden attackiert. Steinbach sagt nun zur Zukunft des Reports: „Wenn das NOK der Herausgeber ist, dann entscheidet es auch über die Herausgabe.“ Die Reform des Blattes könnte Steinbachs erstes sichtbares Zeichen sein. Als neuer Macher in der alten olympischen Familie.

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