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Sport: Der Sieg des Klempners

Der Norweger Anders Jacobsen gewinnt überraschend in Innsbruck – Michael Uhrmann wird Zehnter

Als die meisten der rund 21 000 Zuschauer nach dem Innsbrucker Skispringen den Weg am Berg Isel hinabliefen, freute sich der Bratwurstverkäufer am Fuße des Pfades. „Jetzt geht’s los“, rief er und klopfte seine Grillzange gegen den Rost. Seine lautstarke Marketing-Offensive beinhaltete einen weiteren Spruch: „Nicht laufen, sondern Bratwurst kaufen.“ Doch nur wenige österreichische Skisprungfans blieben stehen. Gut möglich, dass ihnen das Ergebnis des Innsbrucker Springens ein wenig auf den Magen geschlagen war.

Es hätte der Tag des 16-jährigen Österreichers Gregor Schlierenzauer werden sollen, der aus dem nur 20 Kilometer entfernten Fulpmes stammt. Es wurde das Springen des Anders Jacobsen, der aus Norwegen stammt. Mit Flügen auf 129 und 128,5 Meter gewann der 21-jährige Jacobsen nicht nur das dritte Springen der Vierschanzentournee, sondern übernahm auch die Führung in der Gesamtwertung. „Es war der perfekte Tag für mich“, sagte Jacobsen, „ich hatte zwei fast perfekte Sprünge.“ Zumal Schlierenzauer nur auf Platz elf landete, weil er in beiden Sprüngen schlechten Windbedingungen trotzen musste.

Die österreichischen Fans hatten ihre rot-weiß-roten Fahnen allerdings nicht vergeblich mitgebracht. Doppelolympiasieger Thomas Morgenstern trug der Lärm der Fans bis auf Platz zwei vor dem Schweizer Simon Ammann. „Es war mal wieder ein richtig geiler Wettkampf von mir“, sagte Morgenstern. Da der Wind im zweiten Durchgang zweimal drehte, ist auch das Gesamtklassement durcheinandergewirbelt worden. Plötzlich liegt der Finne Arttu Lappi, der in Innsbruck Rang vier belegte, auf Rang zwei. Er zählt nun gemeinsam mit den beiden punktgleichen Schweizern Simon Ammann und Andreas Küttel sowie dem Polen Adam Malysz zu Jacobsens größten Konkurrenten auf den Gesamtsieg.

Damit haben die deutschen Springer schon länger nichts mehr zu tun. Michael Uhrmann arbeitete sich nach einem verpatzten ersten Durchgang von Rang 29 auf Platz 10 nach vorne. In der Gesamtwertung liegt er als bester Deutscher auf Platz 9. Martin Schmitt konnte den Aufwärtstrend von Garmisch-Partenkirchen mit Platz 17 in Innsbruck nicht bestätigen. „Wir schaffen es noch nicht, die Leistungen aus dem Training in den Wettkampf rüberzubringen“, sagte Bundestrainer Peter Rohwein, „aber die guten Sprünge werden mehr.“ Michael Uhrmann hatte mit seiner Bestweite in der Qualifikation die Hoffnung auf eine vordere Platzierung genährt. „Bei mir gibt es keinen großen Unterschied zwischen Training und Wettbewerb“, sagte Uhrmann, „bei mir hält sich das die Waage.“

Jacobsen gilt nun als Favorit bei der Tournee. In Oberstdorf hatte er den vierten Platz, in Garmisch-Partenkirchen Rang fünf belegt. Der Norweger war bis Sommer noch als Klempner tätig, ehe ihn Cheftrainer Mika Kojonkoski bei einem Nachwuchswettbewerb entdeckte. Jacobsen ist neben Schlierenzauer die Überraschung dieses Winters. Durch seinen zweiten Weltcupsieg hat er von dem Österreicher die Führung im Gesamtweltcup übernommen. „Ich habe noch nicht viel darüber nachgedacht, was es bedeutet, Erster zu sein“, sagte Jacobsen.

Diese Position hatte zuvor Gregor Schlierenzauer inne. „Ich hatte heute kein Glück“, sagte der Österreicher, „aber wir sind eben eine Freiluftsportart.“ Seine Chancen auf den Gesamtsieg sind stark gesunken, als Siebter der Gesamtwertung fehlen ihm schon 19 Punkte auf Platz eins. „Ich hoffe, dass in Bischofshofen das Glück wieder zurückkehrt“, sagte er. Die Österreicher wussten nicht, wie sie das Springen von Innsbruck bewerten sollten. Einerseits kehrte Morgenstern in die Weltspitze zurück, andererseits ist Schlierenzauer etwas zurückgefallen. Der österreichische Sportdirektor Toni Innauer, dessen Sohn Mario in Innsbruck auf Rang 16 sprang, brachte dieses zwiespältige Gefühl auf den Punkt. Als er Schlierenzauer sah, schüttelte er ihm die Hand und sagte: „Glückwunsch und Beileid.“

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