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Sport: Der Sohn des Rebellen

Georg Grozer junior sucht im Volleyball seinen eigenen Weg

Von Felix Enderlin

Moers. Es war nur so eine Idee gewesen, ein Spaß, ein Werbegag. Zwei Grozers auf einem Volleyballfeld: Vater Georg Grozer, 38, neben seinem Sohn Georg, 17. So hatte sich das Günter Krivec, Präsident des Moerser SC, gedacht. Zwei Grozers auf dem Feld, das hätte dem Gegner weiche Knie gemacht und das Sportzentrum Rheinkamp mit Zuschauern gefüllt. „Der alte Meister und sein Sohn", sagt Krivec. „Oder besser: Die Legende kehrt zurück. Das wäre doch ein schöner Titel für die Veranstaltung gewesen." Diese Schlagzeile wird jedoch nie gedruckt werden. Georg Grozer junior, der Sohn des berühmtesten deutschen Volleyballers, will nicht gemeinsam mit seinem Vater auftreten. „Mein Vater ist sowieso schon eine große Belastung für mich", sagt er. „Diese ständigen Vergleiche nerven. Das muss endlich aufhören.“

Dabei geht es jetzt erst richtig los mit der Vergleicherei. Die Volleyball-Bundesliga beginnt am Wochenende, und Georg Grozer junior tritt erstmals in Erscheinung. In einer kleinen Halle in Düren nur, doch die Auswärtsreisen führen ihn während der Saison auch in große Städte: Berlin, Leipzig, Wuppertal. „Überall, wo Georg spielt, werden die Leute mit dem Finger auf ihn zeigen und sich fragen: Ist der Junge genauso gut wie sein Vater?", sagt Krivec. „Der alte Grozer ist eben immer noch eine große Nummer in Deutschland."

Tatsächlich besitzt der Grozer noch immer Strahlkraft im deutschen Volleyball. Georg Grozer, der Mann mit dem stacheligen Räuberbart und dem Zöpfchen, hat wenig von seiner Prominenz eingebüßt, obwohl er schon seit sechs Jahren nicht mehr in der Volleyball-Bundesliga spielt. Als sein Sohn im Frühjahr aus Ungarn nach Moers wechselte, jubelten die Nachrichtenagenturen: „Der kleine Hammer-Schorsch kommt!"

Grozer ist nachhaltig in Erinnerung geblieben mit seiner spektakulären Spielweise. Anfang der Neunzigerjahre schlug er den Ball oft mit solcher Wucht ins gegnerische Feld, dass er direkt vom Boden an die Hallendecke hüpfte. Grozer machte das akademische Volleyballspiel zum Jahrmarkt-Boxen. Er prügelte so gnadenlos auf den Ball, wie es zuvor niemand in Europa getan hatte. Stelian Moculescu, der heutige Männer-Bundestrainer, sagte damals: „Der Mann ist ein Naturereignis." Das lag auch an Grozers Eskapaden. Mal warf er seinem Trainer das schweißnasse Trikot vor die Füße, weil er mit seiner Auswechslung nicht einverstanden war, mal kam er tagelang nicht zu den Übungsstunden, weil er keine Lust hatte. Ein schillernder Typ wie Grozer fehlt dem deutschen Volleyball bis heute.

Grozer junior, der einen ebenso knallharten Angriffsschlag wie sein Vater besitzt, kann diese Rolle nicht besetzen. Zwar ist er ein hochbegabter Volleyballer und debütierte mit 15 Jahren in Ungarns erster Liga, doch ihm fehlt das Rebellische. Wenn Grozer junior über seine Familie spricht, scheint es, als habe er sich zur Opposition zum Vater entschlossen: „Mein Vater ist auch Volleyballer, okay. Das ist aber die einzige Gemeinsamkeit. Ich bin ich.“ Grozer senior sieht die Emanzipation seines Sohnes gelassen. „Er ist ein selbstständiger Mann", sagt er. „Aber wir haben viele Ähnlichkeiten in der Spielweise: er läuft an wie ich, er geht mit dem Ball um wie ich. Er kann so gut werden wie ich, vielleicht sogar besser.“

Zeit dazu lässt man ihm in Moers. Krivec schloss mit Grozer gleich einen Sechsjahresvertrag ab und kümmert sich um den 17-Jährigen, der in Moers in vier Jahren sein Abitur machen soll. „Einen Hammerschlag zu haben, ist schön und gut", sagt Krivec, „aber man muss vorsorgen für die Zeit, in der der Arm langsamer und der Bauch dicker wird."

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