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Sport: Der Sprung-Enkel

Raphael Holzdeppe startet mit 18 Jahren – und überrascht seine Gegner

Nur der Schuldirektor kann den Höhenflug von Raphael Holzdeppe noch stoppen. Der 18-jährige Gymnasiast schaffte bei den Deutschen Leichtathletik-Meisterschaften in Nürnberg mit einem Stabhochsprung über 5,75 Meter die Qualifikation für die Olympischen Spiele in Peking. Doch am zweiten August-Wochenende, wenn in China die Spiele beginnen, enden im Saarland die Sommerferien. Und der Schüler braucht eine Beurlaubung von seinem Direktor, um sich den Traum vom Olympiastart zu erfüllen.

Verglichen mit der schweren Qualifikation für Peking scheint dies das bedeutend kleinere Hindernis zu sein. Holzdeppe gilt schon länger als eines der ganz großen Talente der deutschen Leichtathletik. Als vor zwei Jahren die Junioren-Weltmeisterschaften in Peking stattfanden, war er als damals 16-Jähriger bereits Fünfter. Trotz seiner Entwicklung galt ein Olympiastart noch vor rund einem halben Jahr als praktisch ausgeschlossen. Denn der Stabhochsprung ist die in der Breite bestbesetzte deutsche Leichtathletik-Disziplin. Bis zu neun Athleten hatten vor den Titelkämpfen von Nürnberg noch Chancen auf ein Olympiaticket.

Dass sich ausgerechnet in dieser Disziplin ein Youngster ins Olympia-Team mischt, ist eine Überraschung. Eine Sensation war es allerdings nicht, da Holzdeppe in diesem Jahr schon mehrfach auf sich aufmerksam machte. Im Winter hatte er beispielsweise die Junioren-Jahresweltbestmarke in der Halle auf 5,68 Meter geschraubt, genau eine Woche vor Nürnberg stellte er in Biberach den 19 Jahre alten Junioren-Weltrekord des Russen Maksim Tarasow ein. „Wenn mir Anfang des Jahres jemand gesagt hätte, dass ich mich für Olympia qualifiziere, hätte ich ihn für verrückt erklärt“, sagt Holzdeppe. „Im vergangenen Jahr habe ich noch vor dem Fernseher gesessen und mitgefiebert, als Danny Ecker bei der WM in Osaka die Bronzemedaille gewann – jetzt bin ich plötzlich mittendrin.“

Der Angriff auf die Spitze ist dem 18-Jährigen bei den Deutschen Meisterschaften bestens gelungen. Bei der Pressekonferenz sitzt Holzdeppe zwischen zwei Routiniers: dem Sieger Tim Lobinger und dem zweitplatzierten Danny Ecker, die beide ebenfalls 5,75 Meter sprangen. Holzdeppe erhält Lob von beiden Seiten. „Wer mit 18 Jahren so hoch springt, der muss ziemlich viel richtig machen“, sagt Danny Ecker, der aber auch selbst eine sehr gute Leistung zeigte. Aufgrund von Achillessehnenbeschwerden musste der Leverkusener pokern – mit nur drei Sprüngen im gesamten Wettbewerb qualifizierte er sich trotzdem für Peking.

„Den Junioren-Weltrekord von Tarasow zu egalisieren und dann hier die Qualifikation zu schaffen, das ist ein starkes Stück – dazu kann man nur gratulieren“, sagt auch Lobinger, der sich nach einem Formtief selbst schon als Außenseiter gesehen hatte, dann aber doch noch die Qualifikation für seine vierten Olympischen Spiele schaffte. 1996 war Lobingers Olympia-Premiere. Damals gewann mit Andrej Tiwontchik zum letzten Mal ein Deutscher eine olympische Medaille im Stabhochsprung. Heute ist jener Tiwontchik der Trainer von Raphael Holzdeppe.

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