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Sport: Der Star ist der Teamchef

Von Hartmut Scherzer Seogwipo. Bei Berti Vogts war der Star stets die Mannschaft.

Von Hartmut Scherzer

Seogwipo. Bei Berti Vogts war der Star stets die Mannschaft. Damals, 1996 in England, als die deutsche Nationalmannschaft bei der Europameisterschaft ihren letzten Titel gewann. Sechs Jahre später, beim 1:0-Sieg im WM-Achtelfinale gegen Paraguay, war alles anders. Am Samstag war der Star der Teamchef. Rudi Völler hatte wieder einmal alles richtig gemacht, vor allem nach einer Halbzeit, in der nach seinem Urteil „wir im Prinzip gar keinen Fußball gespielt haben". Zunächst brachte Völler erstmals von Anfang Oliver Neuville anstelle von Carsten Jancker. Das Tor des wuseligen Deutsch-Schweizers bestätigte die Entscheidung des Teamchefs. Das Experiment mit einer instabilen Viererkette blies der Teamchef zur Pause ab und kehrte zurück zum gewohnten Dreierverbund. Der nach über drei Monaten Pause desorientierte Innenverteidiger Marko Rehmer musste raus. Sebastian Kehl kam als zentraler Abwehrchef rein, mit dem Auftrag, die stockende Offensive von hinten aufzubauen. Neuville und Kehl, das waren beides Glücksgriffe.

Der 22-jährige Kehl organisierte das Spiel wie ein Quarterback im American Football. Nun hofft Kehl natürlich den Platz zu behalten. „Ich war ungeduldig, auch unzufrieden, wenn man nicht spielt. Das ist doch ganz klar. Ich habe Ehrgeiz und einen großen Willen. Heute hat es ja geklappt. Mal schauen, was der Teamchef beim nächsten Spiel macht.“ Mit Kehl, neuer Tatkraft und etwas Geduld ging die Mannschaft die zweite Halbzeit an. Die Selbstkritik für den Auftritt in der ersten Hälfte war vernichtend. „Wir haben die Bälle wie Paraguay einfach nur nach vorn gehauen“, mäkelte Völler. All die hohen Bälle kamen postwendend zurück. Selbst die Sprungkraft Miroslav Kloses kam gegen die Lufthoheit der Südamerikaner nicht an. Mannschaftskapitän Oliver Kahn drückte sich noch drastischer aus: „Wir haben die Bälle in der Gegend herumgebolzt."

Kahn musste in der ersten Hälfte zweimal richtig zupacken, Kollege Chilavert überhaupt nicht. Mit 53:47 Prozent Ballbesitz wurden statistisch die Vorteile Paraguays festgehalten, das schon nach einer halben Stunde seinen Jungstar Roque Santa Cruz wegen einer Adduktorenverletzung verlor.

Die taktische und personelle Veränderung zahlte sich aus, obwohl der Teamchef nach einer neuen Sprunggelenkverletzung des bislang bei dieser WM so zuverlässigen und selbstbewussten Christoph Metzelder die Abwehrformation abermals umbauen und Frank Baumann einbauen musste. „Wir haben versucht, durch die Umstellung Paraguay mit schnellem Kombinationsspiel in Verlegenheit zu bringen.“

Völlers Maßnahme hatte aber nur zweimal den erhofften Effekt. Einmal kurz nach der Pause, als Schneider nach einer Flanke Neuvilles den Ball direkt in die Arme Chilaverts schoss. Das zweite Mal kurz vor Schluss nach gleichem Muster, aber mit umgekehrten Rollen. Neuville traf nach Schneiders Flanke. Danach durfte der Torschütze abtreten und sich an der Bank feiern lassen.

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