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Sport: Der Star ist die Mannschaft

Ohne Jan Ullrich blüht das T-Mobile-Team auf – Sergej Gontschar fährt nach dem Einzelzeitfahren in Gelb

Andreas Klöden hat es gesagt, Matthias Kessler nach seinem Etappensieg am Dienstag ebenfalls: Das T-Mobile Team hat sich offenbar auf die Sprachregelung geeinigt, dass es diese Tour de France für seinen verbannten Kapitän Jan Ullrich fährt. Sergej Gontschar, der ukrainische Zeitfahrexperte, wollte gestern zwar nicht so weit gehen, seinen Etappensieg und sein Gelbes Trikot dem gefallenen Star zu widmen. Er weigerte sich aber ausdrücklich, die Abwesenheit des bislang alles und alle überschattenden Ullrich als Befreiung zu deuten: „Es tut uns allen sehr leid, was mit Jan passiert ist.“

Und doch kann man sich des Eindrucks nicht erwehren, dass jetzt, da Ullrich weg ist, die Mannschaft aufblüht. Zwei Etappensiege in der ersten Woche der Tour, das Gelbe Trikot, fünf der sieben verbliebenen Fahrer unter den besten 16 – man muss schon in die Ergebnislisten von 1996 und 1997 zurückblicken, um ein ähnliches Ergebnis des Teams nach der ersten Woche zu finden. Dabei hatten die Profis des Bonner Rennstalls vor erst einer Woche noch überlegt, aus Solidarität mit Ullrich komplett abzureisen. Kurz nach Bekanntwerden von Ullrichs Ausschluss setzten sie sich drei Stunden lang zu einer gemeinsamen Trainingsfahrt auf das Rad und berieten im Sattel das Für und Wider eines Boykotts. Das Ergebnis: Sie teilten geschlossen der Teamleitung mit, dass sie bleiben. Und dass sie, wenn sie schon bleiben, um den Sieg kämpfen.

Jetzt , nach dem ersten großen Zeitfahren über 52 Kilometer, sieht es für den dritten T-Mobile-Tour-Sieg in der Mannschaftsgeschichte gut aus. Gontschar liegt in Führung, der Australier Michael Rogers ist nach seinem vierten Platz vom Samstag auf dem dritten Gesamtplatz, vor Patrick Sinkewitz und drei Ränge vor Andreas Klöden. Die größten Aussichten darf man dem Tour-Zweiten von 2004, Andreas Klöden, einräumen. Und er tut das mittlerweile auch selbst, obwohl er in diesem Frühjahr wegen eines Schulterbruchs fünf Trainingswochen verlor. „Das war ein sehr gutes Zeitfahren“, sagte er zufrieden nach seinem achten Platz und prophezeite, dass er bis zu den schweren Pyrenäenetappen in der kommenden Woche bei 100 Prozent seiner Leistungskraft sein wird. Und dann, so Klöden, brauche er niemanden zu fürchten: „Ich habe jeden geschlagen, der hier mitfährt“, sagte er selbstbewusst im Ziel in der bretonischen Universitätsstadt Rennes.

T-Mobile war beim Zeitfahren rund um Rennes nicht das einzige Team, bei dem vermeintliche Helfer in den Vordergrund fuhren. Während Gerolsteiner-Kapitän Levi Leipheimer fünf Minuten verlor und damit seine Aussichten auf den Tour- Sieg, fuhr der 24-Jährige Juniorenweltmeister Markus Fothen auf den fünften Gesamtrang der Tour. Dass er nun möglicherweise der Spitzenfahrer von Gerolsteiner werden könnte, wollte Fothen aber nicht wahrhaben. „Ich bin schließlich als Helfer hier.“ Sein Team-Direktor Christian Henn sah das ein wenig anders und wollte nicht ausschließen, dass das Team Gerolsteiner zum Team Fothen werden könnte. Es wäre ja nicht das erste Mal, dass ein so junger Deutscher bei der Tour glänzt. Solche Vergleiche mag Markus Fothen jedoch nicht. „Ich bin nicht Jan Ullrich“, sagt er. Ullrich, so Fothen, war sein Idol, als er anfing mit dem Radsport.

Sebastian Moll[Rennes]

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