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Sport: Der starke Mann wird schwach

Manager Rudi Assauer steht so in der Kritik, dass ihm Schalke ständig das Vertrauen aussprechen muss

Gegen die Turbulenzen dieser Tage haben die Führungsgremien des FC Schalke 04 eine einfach Maßnahme ausgewählt: Vertrauen. Vor dem Bundesliga-Auswärtsspiel an diesem Mittwoch gegen den 1. FC Nürnberg spricht Trainer Ralf Rangnick seinem Personal trotz eines holprigen Starts das Vertrauen aus. Aufsichtsrat und Vorstand wiederum bekunden, an Rangnick festhalten zu wollen, ohne Wenn und Aber. Bis hierher entspricht das verbale Krisenmanagement des Revierklubs, der sich als Konkurrent der Bayern sieht, den Gepflogenheiten einer Branche, in der Vertrauen mehr beschworen als wirklich geschenkt wird. Doch Schalke wäre nicht so ein besonderer Verein, wenn er das Spiel ohne Ball nicht noch um eine Facette erweitern würde. Während einer teils absurd anmutenden Trainerdiskussion steht plötzlich der vormals mächtigste Mann des Klubs in Frage.

Wie geht es weiter mit Rudi Assauer, dem schillernden Manager, der vom Fußballvolk lange als Alleinherrscher im Staate Schalke wahrgenommen wurde? Was zuvor nur im Flüsterton unter Insidern zu hören war, ist nun Bestandteil der öffentlichen Diskussion. Mehr und mehr setzt sich der Eindruck durch, Assauer habe an Einfluss verloren. Manche Kommentatoren sehen die Dämmerung über diese außergewöhnliche Managerkarriere heraufziehen. Er sei entmachtet oder zumindest in seinen Kompetenzen stark beschnitten, heißt es. Wie bewertet das offizielle Schalke den Machtverlust? Als ein Stück Normalität, aber nicht als Ergebnis einer eilig herbeigeführten Reform oder gar Revolution. „Es ist doch gar kein Geheimnis, dass Andreas Müller irgendwann ganz den Job des Managers übernehmen soll“, sagt der stellvertretende Vorsitzende Josef Schnusenberg. Die Entwicklung nehme ihren geplanten Verlauf. In Schalke treffe schon lange „niemand mehr allein die Entscheidungen“.

Noch ist Müller Teammanager. Vor fünf Jahren war er in dieser Funktion eingestellt worden, um Assauer zu entlasten. „Er war Assauers Wunschkandidat“, sagt der Aufsichtsratvorsitzende Clemens Tönnies. Dass Müller im Laufe der Zeit mehr Kompetenzen zugewachsen seien, habe nichts mit einer Demontage Assauers zu tun. „Wir haben Verantwortung in jüngere Hände gelegt“, sagt Tönnies. „Rudi bleibt die Galionsfigur des Vereins.“ Das klingt ein wenig nach Frühstücksdirektor. Die Pläne der Gremien laufen offenbar darauf hinaus, Assauer eines Tages zum Präsidenten zu machen. Dann wäre er immer noch Mitglied des Vorstandes, aber nicht mehr Angestellter. Vorerst werde sich an den Zuständigkeiten jedoch nichts ändern, sagt Schnusenberg. „Jeder behält seine Kompetenzen.“

Der aktuelle Vorstand ist bis 2008 bestellt. „Ob nach Ablauf des Vertrages eine Person ausgetauscht wird, ist Sache des Aufsichtsrates“, sagt Schnusenberg. Kritiker werfen Assauer vor, er störe durch Ausbrüche bei Interviews die Ruhe des Tagesgeschäfts, mit dem er nicht mehr viel zu tun habe. Hinzu kommen Spekulationen über seine Trinkgewohnheiten. Die Gremien begegnen solchen Vorhaltungen mit Vertrauensbekundungen. „Wir stehen hundertprozentig zu ihm“, sagt sein engster Mitarbeiter Müller. Aufsichtsrats-Chef Tönnies bietet vorsorglich Hilfe an. „Wenn er krank ist, werden wir ihm helfen, gesund zu werden.“ Dieses Angebot seines obersten Kontrolleurs hat der Manager jedoch abgelehnt. „Der gesamte Aufsichtsrat und der Vorstand stehen hinter mir“, sagt Assauer. „Das ist Hilfe genug.“ Der Gewinner dieser Debatte ist fürs erste Ralf Rangnick. Über den Trainer spekuliert vor dem Spiel gegen Nürnberg niemand mehr.

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