zum Hauptinhalt

Sport: Der Tag der lahmen Ente

Hans Meyer hört als Trainer bei Hertha im Mai auf – bleibt er trotzdem stark genug für den Klassenerhalt?

Von M. Klappenbach, F. Teuffel

und M. Rosentritt

Berlin. Hans Meyer hat eine flinke Zunge, aber wird er jetzt eine lahme Ente? Meyer hört schließlich am Ende der Saison als Trainer bei Hertha BSC auf und arbeitet bis 2006 nur noch als Spielerbeobachter für den Klub. Das hat er gestern endgültig klargestellt. „Lame ducks“, lahme Enten, wurden zuerst die amerikanischen Präsidenten am Ende ihrer zweiten Amtszeit genannt. Dann können sie nicht mehr wiedergewählt werden und treffen kaum noch wichtige Entscheidungen. Hans Meyer jedoch muss noch viele richtige Entscheidungen treffen, sonst steigt er mit Hertha ab. Manager Dieter Hoeneß sieht nicht die Gefahr, dass Meyer eine lahme Ente wird, eher werde er die Spieler rupfen: „Ich sehe kein Autoritätsproblem. Die Motivation sollte die Erste Liga sein, nicht der Trainer.“

Mit Trainern, dessen letzter Arbeitstag schon feststand, hat Hertha BSC wechselnde Erfahrungen gemacht. Jürgen Röber etwa vereinbarte mit Manager Hoeneß im Dezember 2001, die Zusammenarbeit nach sechs Jahren im Sommer 2002 zu beenden. Doch Röber musste bereits im Februar nach einer Niederlage gehen, weil Hertha in Gefahr war, das Saisonziel Uefa-Pokal-Platz nicht zu erreichen. Aber scheidende Trainer haben auch viel bewirken können, wie die jüngere Bundesliga-Geschichte zeigt:

Udo Lattek: Löste fünf Spieltage vor Ende der Saison 1999/2000 den erst in der Winterpause gekommenen Bernd Krauss bei Borussia Dortmund ab. Krauss hatte mit den abstiegsbedrohten Borussen kein Spiel gewonnen. Lattek, der zuvor sieben Jahre nicht als Trainer gearbeitet hatte, sollte mit seiner Erfahrung Blockaden bei den verunsicherten Profis lösen. Der 65-Jährige verrichtete seine Kurzarbeit erfolgreich und übergab das Traineramt an Matthias Sammer, der ihm in dieser Zeit bereits assistiert hatte.

Jupp Heynckes: Gab Borussia Mönchengladbach im März 1987 bekannt, dass er nach der Saison zu Bayern München wechseln werde. Genau wie der amerikanische Präsident am Ende seiner zweiten Amtszeit hatte Heynckes bis dahin knapp acht Jahre auf seinem Posten gearbeitet. Sein erstes Spiel nach Bekanntgabe der Entscheidung verlor er 0:1 – gegen die Bayern. Dann gewann er jedoch alle zehn verbleibenden Spiele und führte die Mannschaft von Platz elf noch auf Platz drei. Christian Hochstätter, damals Spieler und heute Sportdirektor in Gladbach, erzählte, dass sie Heynckes den Abschied so schwer wie möglich machen wollten.

Huub Stevens: Entschied sich im Dezember 2001 dafür, nach sechs Jahren beim FC Schalke 04, eine neue Herausforderung anzunehmen: Hertha BSC. Sein letztes halbes Jahr bei Schalke wurde überaus erfolgreich. Er kletterte mit der Mannschaft von Platz sieben noch auf Platz fünf und gewann den DFB-Pokal. Stevens, ohnehin ein Anhänger von Disziplin und Ordnung, behielt bis zum Schluss seinen Arbeitsstil bei. Schalkes Manager Rudi Assauer verabschiedete ihn mit den Worten: „Für mich warst du mit Abstand der beste Trainer, den ich je erlebt habe.“

Falko Göt z: Ersetzte im Februar 2002 Jürgen Röber bei Hertha BSC. Götz war bis dahin Nachwuchskoordinator des Vereins. Als Assistent stand ihm der frühere Hertha-Profi Andreas Thom zur Seite. Götz sollte die Mannschaft für 13 Spiele bis zum Saisonende betreuen. In diesen Begegnungen spielte Hertha attraktiven Fußball, holte 28 Punkte und erreichte als Vierter den Uefa-Cup. Götz’ Vorteil: Hertha war keineswegs gefährdet, sondern Tabellensiebter. Götz übernahm eine eingespielte, physisch und psychisch intakte Mannschaft. Das Gefüge innerhalb des Kaders war gesund, es gab eine klare Hierarchie.

Rudi Völler: Wurde zwölf Tage nach dem kläglichen Scheitern der deutschen Nationalmannschaft bei der EM 2000 Teamchef. Völler, damals Sportdirektor von Bayer Leverkusen, sollte eine Interimslösung sein. Geplant war, dass er das Amt bis zum 31. Mai 2001 ausüben würde, danach sollte Christoph Daum, der als Leverkusener Trainer keine frühere Freigabe erhielt, den Job des Bundestrainers bis zum 30. Juni 2004 übernehmen. Es kam anders. Völler hatte sofort sportlichen Erfolg (Siege über Spanien, Griechenland und England) und erwies sich als Publikumserfolg. Zudem wurde Daum die Einnahme von Kokain nachgewiesen.

M. Klappenbach[F. Teuffel], M. Rosentritt

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false