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Sport: Der verspielte Vorteil

Borussia Dortmund unterliegt dem AC Mailand im eigenen Stadion mit 0:1

Dortmund. Zwanzig Minuten vor Schluss ermahnte der Stadionsprecher die Dortmunder Fans, ihre Mannschaft anzufeuern. „Wir schaffen das noch!“ Für einige Momente ging es auf den Rängen des ausverkauften Westfalenstadions ein wenig lebhafter zu, doch erreicht hat der Deutsche Meister in der Schlussphase nichts mehr. Im zweiten Gruppenspiel der Champions-League-Zwischenrunde unterlag Borussia Dortmund dem italienischen Spitzenklub AC Mailand mit 0:1. Mit der ersten Europapokal-Heimniederlage des BVB seit dem 0:2 gegen Galatasaray Istanbul im März 2000 verspielten die Dortmunder ihre gute Ausgangsposition, die sich sich durch den Auswärtssieg bei Lokomotive Moskau vor zwei Wochen geschaffen hatten. Zumal den Moskauern gestern Abend beim Favoriten Real Madrid ein überraschendes Unentschieden gelang.

Vor acht Monaten noch hatten die Dortmunder im Halbfinalhinspiel des Uefa-Pokal-Wettbewerbs gegen den AC Mailand eine Fußballgala zelebriert, und Marcio Amoroso war der Zeremonienmeister gewesen. Der Brasilianer erzielte in jener Ballnacht beim 4:0 drei Tore. Seitdem hat der Brasilianer viel erlebt und manches erlitten. Von einer Achillessehnenverletzung zurückgeworfen, kam er nur langsam wieder auf die Beine und noch langsamer in Form. Zuletzt machte er in der Bundesliga als Einwechselspieler von sich reden, mit zwei Toren und einem Laufpensum, das sogar den Ansprüchen des kritischen Trainers Matthias Sammer genügte. Der Fußballlehrer ist wieder gut auf ihn zu sprechen. Mehr noch als die zuletzt gezeigte Tat- und Willenskraft dürfte Sammer die Erinnerung an Amorosos Auftritt im vergangenen April dazu veranlasst haben, ihn an diesem frostigen Dezemberabend wieder von Anfang an aufzubieten.

Doch Geschichte wiederholt sich auch im Fußball nicht. Amoroso blieb auf dem linken Flügel eine Randfigur. Das lag nicht nur an seinem Gegenspieler Simic, der ihn nicht aus den Augen ließ, sondern am Spiel insgesamt. Die Partie war von gegenseitigem Respekt geprägt. Beide Mannschaften investierten ihre Kraft und Konzentration hauptsächlich in die eigene Sicherheit. Nur keinen Fehler machen lautete das oberste Gebot, das zugleich der kleinste gemeinsame Nenner war.

Da die beiden Mittelfeldreihen einander neutralisierten, blieb das Arbeitsaufkommen in den Strafräumen überschaubar, mangels Beschäftigung froren die Torhüter Lehmann und Dida ebenso wie die 52 000 Zuschauer im Westfalenstadion, zu denen auch Bundeskanzler Gerhard Schröder, ein bekennender BVB-Fan, und der italienische Ministerpräsident Silvio Berlusconi zählten.

In der Anfangsphase stoppte der Dortmunder Nationalspieler Christoph Metzelder einen Vorstoß Filippo Inzaghis; danach kamen bis zur Pause nur die Freunde taktischer Disziplin auf ihre Kosten. Da die Strafräume Sperrgebiet waren, gab es nur zwei kleinere Chancen durch Distanzschüsse. Der Dortmunder Mittelfeldstratege Rosicky schoss über das Tor, der Mailänder Verteidiger Kaladze zielte nicht besser.

Nichts war zu sehen von dem Zauber jener Frühlingsparty aus dem April. Beide Parteien folgten dem Motto „Wer wagt, verliert“ und warteten auf ihre Chance – oder auf einen Fehler des Gegners. Kurz nach der Pause tat Christoph Metzelder seinem Gegenspieler Inzaghi den Gefallen und ließ ihm genug Raum, Seedorfs Pass anzunehmen und den ersten gefährlichen Angriff mit dem Führungstreffer abzuschließen.

Auch nach dem Rückstand blieb Dortmund im Angriff verhalten. Vereinzelte Versuche wie die Weitschüsse von Ricken und Metzelder erwiesen sich als untauglich. Amoroso vertändelte im Strafraum den Ball, als er seinen Bewacher Simic austanzen wollte, anstatt aufs Tor zu schießen. Die größte Chance besaß Rosicky in der Nachspielzeit. Sein Schuss landete an der Latte. Doch am Ende spielten die Italiener ihre technischen Vorzüge und ihre Routine aus. So mussten die frierenden Fans sich mit der Schadenfreude über den Rivalen Schalke begnügen, der tags zuvor gegen Krakau aus dem Uefa- Cup ausgeschieden war. Auf der Südtribüne entrollten die Anhänger ein Transparent mit der Aufschrift: „Danke, Krakau.“

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