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Bruno Labbadia auf dem Trainingsplatz.

© AFP

Der VfB Stuttgart auf dem Weg nach Berlin: Bruno Labbadia und die Tränen im Nackenkissen

Unser Autor Dirk Gieselmann beschäftigt sich auf dem Weg nach Berlin mit dem VfB Stuttgart vor dem Pokalfinale gegen den FC Bayern München - welche Gedanken dem VfB-Tross bei der Anreise wohl durch den Kopf gehen?

Auf der Autobahn 2 singe ich mit meinem Sohn: „Berlin! Berlin! Wir fahren nach Berlin!“ Immer wieder, sehr lange, bis dieses sagenhafte Berlin, das nicht näher kommen will, mir vorkommt wie Atlantis oder das Goldland Punt. Auf der Strecke verfällt man ja ohnehin in einen Trancezustand. Die Landschaft verändert sich kaum, man passiert keine nennenswerten Städte, und irgendwann beschleicht einen trotz 120 km/h das Gefühl, man parke mitten auf der Spur.

Konrad Adenauer soll, wenn er mit dem Zug nach Berlin reiste, hinter Magdeburg die Jalousien zugezogen haben – ab jetzt gebe es dort draußen nur noch die asiatische Steppe zu sehen. Berlin! Berlin! So fährt man nach Berlin. In diese im Nichts liegende Stadt. Mein Sohn sang fröhlich weiter, meine Gedanken schweiften ab. Zu Bruno Labbadia.

Wie mag Stuttgarts Trainer die mythische Passage erleben? Fliegt er? Oder nähert er sich dem Pokalfinale über die Autobahn 9, ohne jeden Grund zum Optimismus. Schkeuditzer Kreuz, Bitterfeld, Vockerode. Am Ende lauert ein Gegner, der ihn fressen wird. Selbst mit 1,8 Promille, so Karl-Heinz Rummenigge, würde der FC Bayern gewinnen. Mia san ja schließlich mia. Und wer ist schon der VfB? Das weiß Labbadia bei Kilometer 513 auch nicht mehr so genau. Er versucht, die Gardinen des Busfensters, die nie jemand benutzt, aus der Halterung zu klabastern, um nicht mehr hinausschauen zu müssen. Neben ihm weint Sven Ulreich in sein Nackenkissen. „Berlin! Berlin! Ich will nicht nach Berlin!“ Oh: Das ist ja gar nicht Ulreich. Das ist mein Sohn. Er möchte zurück zur Oma. Zu spät, mein Junge. Zu spät, VfB. Wir sind schon fast da.

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