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Unhaltbar. Martin Winterkorn war Hobby-Torwart und ist ein Freund des Fußballs. Ob sein Nachfolger an der Konzernspitze auch noch so kräftig in Sport investiert?

© p-a/dpa

Der VfL Wolfsburg und die VW-Affäre: Mit Vollgas in die Ungewissheit

Der Diesel-Skandal bei Volkswagen hat ernste Folgen für Martin Winterkorn. Und könnte ernste Folgen für den VfL Wolfsburg haben - und für die gesamte Fußball-Bundesliga.

Von Christian Otto

Unter all die Fotos von Martin Winterkorn, die in diesen Tagen weltweit verbreitet werden, mogeln sich auch ziemlich viele sportive Szenen. Der gescheiterte Vorstandsvorsitzende des Volkswagen-Konzerns war zu Jugendzeiten ein begeisterter Torhüter. Auch als Top-Manager konnte er seine große Freude am Fußball nicht verhehlen – und hat bis zu seinem Rücktritt als VW-Chef erstaunlich große Buchungsposten dafür genehmigt. Allein der VfL Wolfsburg, der zu 100 Prozent dem Mutterkonzern gehört, soll bis zu 90 Millionen Euro pro Saison erhalten. Der Betrag klingt angesichts der Milliardensummen, die VW im Abgas-Skandal noch verlieren wird, natürlich niedlich. Aber die Sorge ist groß, dass das Engagement der Autobauer für den Sport ohne Winterkorn grundlegend auf den Prüfstand gerät. Betroffen wäre davon nicht nur der VfL, sondern der deutsche Profifußball auf breiter Ebene.

In der Ära Winterkorn war im Namen von VW und so mancher Tochterfirma sowie Untermarke vieles möglich, was dem Fußball geholfen hat. Das Firmengeflecht ist auch Anteilseigner bei Bayern München und beim FC Ingolstadt, sponsert die Bundesligisten Schalke 04, Hannover 96, Werder Bremen und den FC Augsburg sowie viele weitere unterklassige und ausländische Klubs. Nicht zu unterschätzen ist die Größe des Fuhrparks, der bundesweit zahlreichen Berufsfußballern zur Verfügung gestellt wird. Und dann wäre da auch noch die Rolle von VW als Partner des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) – im DFB-Pokal auf allen Trikotärmeln zu sehen.

Die Fußballer gehen zurzeit lieber in Deckung

Wird dieser Kreislauf des Geldes unterbrochen, wenn VW seinen Nachfolger für Winterkorn findet und der keinen Spaß am Fußball haben sollte? Eigentlich müsste dem Konzern mehr denn je daran gelegen sein, sein Image aufzupolieren. Aber millionenschwere Zuwendungen für den Breiten- und Spitzensport werden vor allem dann als Luxusengagement empfunden, wenn das Konstrukt VW als Ganzes schwächelt und sogar der Verlust von Arbeitsplätzen zur Debatte stehen sollte. Die Fußballer des VfL Wolfsburg machen mitten in der stickigen Diesel-Affäre jedenfalls das, was wohl am schlausten ist. Sie gehen bei dem Thema in Deckung, konzentrieren sich auf die nächste Pflichtaufgabe am Samstag gegen Hannover 96 und sind in Gedanken schon beim Champions-League-Spiel am kommenden Mittwoch gegen Manchester United.

Blumen-Schale. Winterkorn (l.) und Vfl-Trainer Magath nach dem Meistertitel der Wolfsburger 2009.
Blumen-Schale. Winterkorn (l.) und Vfl-Trainer Magath nach dem Meistertitel der Wolfsburger 2009.

© p-a/dpa

Für das Abwiegeln von Problemen sind nicht sündhaft teure Profis wie Julian Draxler, André Schürrle oder Dante zuständig. Diesen Part übernimmt selbstverständlich Geschäftsführer Klaus Allofs. „Bei dem Engagement von VW handelt es sich um eine strategische Ausrichtung. Und dieses Engagement hat einen gewissen Wert, der sich auch nicht so schnell ändert“, glaubt der Geschäftsführer Sport des VfL. Allofs stimmt seine wichtigsten Entscheidungen – wie zuletzt auch den Verkauf von Kevin De Bruyne für mehr als 80 Millionen Euro an Manchester City – eng mit der VW-Spitze ab. Er verkauft das als Beleg für ein professionelles Miteinander. Tatsächlich dokumentiert dieses Verhalten auch die enorme Abhängigkeit vom großen Gönner. Und im Aufsichtsrat des VfL hat mit dem fußballaffinen Spanier Francisco Javier Garcia Sanz schließlich ein Mitglied des VW-Vorstandes das Sagen.

Auf den Fluren des VW-Imperiums in Wolfsburg wird nicht erst seit dieser Woche darüber getuschelt, was eigentlich ohne Winterkorn aus dem bisherigen Sportsponsoring wird. Als der VfL Wolfsburg im Sommer 2009 erstmals Deutscher Meister wurde, hatte sich im Rausche des Jubels ein Autokorso auf den Weg durch die Stadt am Mittellandkanal gemacht. Winterkorn und so manch anderer VW-Topmanager saß stolz mit dabei und demonstrierte, worum es eigentlich ging. Ein international erfolgreicher Konzern macht sich den Berufsfußball als Werbevehikel zunutze. Und bei der VfL Wolfsburg Fußball GmbH, so heißt der in der Bundesliga spielende Verein rein rechtlich betrachtet, handelt es sich zudem um eine teure Bespaßung des Standortes Wolfsburg selbst.

Dort möchten Einwohner, Fußballspieler und Mitarbeiter jetzt gleichermaßen wissen, wie der neue Mann an der Konzernspitze wohl ticken wird. Setzt der sich wirklich auch wie Winterkorn mit Fanschal um den Hals auf die Vip-Tribüne des VfL Wolfsburg? Findet er es plausibel, Millionen zu investieren, damit ein aufstrebender Verein mit den ganz großen Klubs in Europa mithalten kann? Aus Sicht von Allofs hat der VfL Wolfsburg keine unmittelbaren Auswirkungen zu befürchten. Aber ihm und den anderen Vereinen, die VW mit Hilfe von Moneten und Motoren unterstützt, bleibt nichts anderes übrig. Sie müssen auf die nächste große Personalie warten und hoffen, dass es wieder ein großer Freund des Fußballs bis an die Konzernspitze schafft.

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