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Fester Halt. Keeper Faqiryar sicherte Afghanistan die Südostasien-Meisterschaft. Foto: dpa

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Sport: Der Volksheld aus der Regionalliga

Mansur Faqiryar vom VfB Oldenburg spielt als Torhüter in Afghanistans Fußball-Nationalmannschaft.

Oldenburg - Über Weihnachten ist Mansur Faqiryar in seiner Heimat Afghanistan gewesen, und dabei hat er eine erstaunliche Entdeckung gemacht. Der Torhüter des Fußball-Regionalligisten VfB Oldenburg ist in Afghanistan ein Held. „Wenn ich beispielsweise essen gehe, muss ich nichts bezahlen“, erzählt er. Diesen Status hat er sich im vergangenen September erworben, als Faquiryar großen Anteil am Gewinn der Südasien- Meisterschaft mit der afghanischen Nationalmannschaft hatte. Mit zwei gehaltenen Elfmetern im Halbfinale gegen Gastgeber Nepal (1:0) und Glanzparaden gegen Indien im Finale (2:0) trug der 27-Jährige erheblich zum Titelgewinn bei. Für die leidgeplagten Einwohner Afghanistans begannen daraufhin drei Jubeltage. Zehntausende feierten in der Hauptstadt Kabul das siegreiche Team.

„Was er mit seinen gehaltenen Elfmetern geschafft hat, haben wir Politiker in zwölf Jahren mit Milliarden von US-Dollar nicht geschafft“, sagte der afghanische Präsident Hamid Karsai. Das weiß auch Faqiryar. „Sport ist hier einfach so unverdorben. Politisch wurde dagegen viel versäumt, es wurden viele Fehler gemacht“, findet der 15-fache Nationalspieler. Trotzdem steht er inzwischen in stetigem Kontakt mit Präsident Karsai. Am ersten Weihnachtstag aß Faqiryar gemeinsam mit dem Staatsoberhaupt in dessen Residenz zu Mittag.

Da ging es natürlich viel um Fußball, vor allem aber um ein Projekt, das der Torwart in Kürze starten möchte. „Ich würde gerne eine Fußballschule in Afghanistan aufbauen“, sagt Faqiryar. „Was ich im September 2013 erlebt habe, ist einmalig. Ich konnte so viel Kraft daraus ziehen, deswegen möchte ich den Menschen jetzt etwas zurückgeben.“ In Afghanistan gibt es keine Anlaufstellen für Jugendliche und Kinder, die Lust auf Fußball haben. Das will Faqiryar mit dem Fußball-Camp ändern und dafür seine Bekanntheit nutzen. Nicht mit finanziellen Mitteln, denn der Torhüter spielt lediglich beim VfB Oldenburg in der vierten Liga und studiert Wirtschafts-Ingenieurwesen an der Universität Bremen. „Es gibt bereits konkrete Planungen. Zur Realisierung gehören allerdings noch Sponsoren“, sagt Faqiryar.

Vorher möchte er mit der Nationalmannschaft weitere Erfolge feiern. Vom 19. bis zum 30. Mai findet auf den Malediven der Challenger Cup statt. Der Sieger des Achter-Turniers qualifiziert sich direkt für die Asienspiele 2015 in Australien. „Wenn alles optimal läuft, könnte es durchaus klappen“, sagte Faqiryar.

Auch in Oldenburg lauft es gut. Nach 19 Spieltagen ist der VfB überraschend Zweiter. Den Traum vom Fußballprofi hat Faqiryar jedoch ausgeträumt. „Da brauche ich nichts schönreden. Dafür bin ich zu alt“, sagt er. Trotzdem: Die Erfolge mit seinem Heimatland sind auch in Deutschland nicht unbemerkt geblieben. Bei der Abstimmung zum Nordsportler des Jahres wählten ihn die Nutzer von ndr.de auf Platz eins vor dem aus Hamburg stammenden Fußball-Nationalspieler Max Kruse.

Keine Profis, aber Nationalspieler in Afghanistan: So ergeht es fünf Spielern in Deutschland, die in unterklassigen Teams spielen. Gut befreundet ist Faqiryar mit Mustafa Azadzoy, der bis zum Sommer 2013 ebenfalls in Oldenburg spielte und nun beim TB Uphusen auf Torejagd geht. Fast alle sind in Afghanistan geboren und später nach Deutschland ausgewandert. Die Familie Faqiryar flüchtete 1987 nach Bremen, der heutige Volksheld Mansur war damals ein Jahr alt. dpa

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