zum Hauptinhalt

Sport: Der Weltmeister fährt vor

Michael Schumacher siegt in Monza und kann nun seinen Formel-1-Titel vorzeitig verteidigen

Monza. Direkt nach seinem zweiten Boxenstopp hatte Michael Schumacher eine verzweifelte Frage an seinen Teamchef. „Was, bitte, ist das für ein BMW-Williams vor mir?“ Herrgott, das konnte doch gar nicht sein. Er hatte doch bis dahin ein perfektes Rennen gefahren, es war doch unmöglich, dass plötzlich Juan Pablo Montoya, sein größter Rivale, vor ihm über den Kurs jagte. Der war doch immer hinter ihm. Erst Sekunden später hatte der Formel-1-Weltmeister dann wieder Ruhe. Der Typ da vor ihm war Marc Gene, der Ersatzmann für den angeschlagenen Ralf Schumacher. Montoya, der WM-Zweite, lag weiter hinter ihm. Minuten später kurvte Gene selber zum Tanken, und Schumacher raste ungestört auf seinem Triumphzug weiter. Es war ein Triumphzug, nichts anderes. Es war die große Demonstration des Michael Schumacher. „Es ist einer der schönsten Tage meiner Karriere“, sagte er später, und man kann diesen Satz nicht ohne die Szenen verstehen, die sich nach dem Rennen abspielten. Zwei Dutzend Fans hatten ein riesiges Ferrari-Transparent, groß wie ein Volleyball-Feld, auf der Ziellinie entrollt. Immer wieder zogen sie daran, und es wölbte sich so heftig, als würden Windböen über die Zielgerade des Formel-1-Kurses in Monza jagen. Dann strömten sie von links und von rechts, unzählige Ferrari-Fans, sie streckten lila Rauchbomben und Ferrari-Flaggen wie Trophäen in die Höhe. Aber die wichtigste Trophäe, den Siegerpokal des Großen Formel-1-Preises von Italien, den hob über ihnen, auf der riesigen Plattform über der Ziellinie, einer in die Höhe, der gerade strahlend aufs Siegerpodest gesprungen war. Für ein paar Minuten herrschte in Monza wieder dieses Ferrari-Fieber, das zuletzt verdächtig abgeklungen war.

Es hatte schon größere Fanscharen gegeben in Monza. Aber selten in den letzten Jahren war die Freude so intensiv. Denn Ferrari siegte nach einer langen, erfolglosen Phase. Und deshalb war Schumachers Erfolg nicht bloß ein überlegener Sieg und sein 50. Grand-Prix-Erfolg für Ferrari. Das war mit 247,585 km/h nach 53 Runden auch nicht nur ein neuer Durchschnitts-Geschwindigkeitsrekord in der Formel 1. Das war vor allem ein Sieg beim prestigeträchtigsten und wichtigsten Rennen von Ferrari in dieser Saison. Schumacher liegt jetzt drei Punkte vor Juan Pablo Montoya, den Zweitplatzierten im BMW-Williams. Kimi Räikkönen im McLaren-Mercedes wurde hinter Rubens Barrichello Vierter. Er liegt in der WM-Wertung sieben Punkte hinter Schumacher.

Eigentlich hatte Montoya, der Kolumbianer, nur einmal wirklich die Chance, Schumacher zu überholen. Gleich nach dem Start, als er den Ferrari-Piloten massiv angriff. Zuvor hatte sich Schumacher überlegt, „dass ich die erste Schikane nicht abkürze, sondern richtig fahre, damit es später keine Probleme mit dem Reglement gibt. Auch wenn ich dadurch Juan herankommen lassen musste“. Aber Montoya blieb zurück. Das Rennen wurde langweilig: Schumacher führte bis ins Ziel, Montoya blieb Zweiter, Räikkönen kam nicht an Barrichello vorbei.

„Entschieden ist noch gar nichts in der WM-Wertung", sagt BMW-Motorsport-Direktor Mario Theissen. Schumacher dachte gestern erst mal gar nicht so weit. Der kühle, spröde, kontrollierte Schumacher sagte gestern regelrecht ergriffen: „Ich liebe alle Leute in meinem Team.“

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false