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Sport: Der Wettskandal wächst weiter

In Italiens erster Liga sollen nun 22 Spiele verschoben worden sein.

Fußballitalien zitterte sich ins neue Jahr, denn der Skandal um manipulierte Spiele nimmt immer größere Ausmaße an. Die Verhöre weiterer mutmaßlicher Wettbetrüger zum Jahreswechsel förderten Verdachtsmomente gegen insgesamt 43 Fußballprofis und mehrere Dutzend verschobene Begegnungen zutage. Davon sollen 22 in der obersten Spielklasse ausgetragen worden sein. Die Operation „Last Bet“ der Staatsanwaltschaft Cremona erbrachte Hinweise auf Manipulationen von der Saison 2008/2009 bis in die gerade in die Winterpause gegangene Spielzeit. Angesichts dieser Wettbewerbsverzerrung von gigantischem Ausmaß kündigte Verbandspräsident Giancarlo Abete ein neues Sportgerichtsverfahren an. „Wir studieren jetzt die Akten. Es gibt ein Gesetz, das der Sportjustiz nur erlaubt, mit Genehmigung der Strafjustiz aktiv zu werden“, sagt Abete. „Aber der Kontakt unseres Richters Stefano Palazzi zu Staatsanwalt Roberto Di Martino ist optimal. Das hat schon der erste Teil der Ermittlungen gezeigt.“

Bangen müssen in der ersten Liga vor allem Atalanta Bergamo, CFC Genua und Lazio Rom. Beim Aufsteiger aus Bergamo haben sich nicht nur die Indizien auf Betrugsversuche des ehemaligen Kapitäns Cristiano Doni erhärtet. Abgehörte Telefonate mit einem Mitglied des Aufsichtsrats des Klubs lassen die Ermittler vermuten, dass der Verein von den Manipulationen Donis wusste und sie tolerierte. Der Klub, der derzeit in einer Berufungsverhandlung die im Sommer verhängte Strafe von sechs Minuspunkten reduzieren will, trennte sich vorsorglich von dem einstigen Kapitän. Unterstützungstransparente für Doni verschwanden aus dem Stadion. Und auch eine Facebook-Solidaritätsgruppe für Doni stellte ihre Aktivitäten ein. Es ist jedoch wahrscheinlich, dass ein neues Verfahren die Situation für den Klub weiter erschwert. Das Lokalblatt „Eco di Bergamo“ übte sich bereits in einer eher düsteren Variante von Optimismus. „Den Direktabstieg in die zweite Liga gibt es nur, wenn der Vereinpräsident oder sein Sohn in die Manipulationen verwickelt sind. Doch davon ist bislang nichts bekannt“, schrieb die wichtigste Zeitung der Stadt.

Der CFC Genua und Lazio sind durch Carlo Gervasoni, eine Schlüsselfigur des Betrugsgeschehens, ins Gerede gekommen. Gervasoni erzählte den Ermittlern, dass sowohl Lazio-Profi Stefano Mauri als auch Genuas ehemaliger Starspieler Omar Milanetto von der Wettmafia kontaktiert und als verlässlich eingestuft worden sein. Beide standen auch bei der Begegnung ihrer Vereine am vorletzten Spieltag der vergangenen Saison auf dem Platz. Das Spiel galt schon vor Bekanntwerden der Details um Mauri und Milanetto als manipuliert. Nationalspieler Mauri ließ ein Kommuniqué verbreiten, in dem er „jede Beteiligung an Betrugsversuchen“ empört zurückwies. Milanetto, im Sommer zu Zweitligist Padua abgeschoben, schwieg bislang.

Überraschung brachte im an Kriminalfällen wahrlich nicht armen Italien die Tatsache, dass sich die Betrüger nicht einmal durch die erste Ermittlungswelle im Juni stoppen ließen. Der ehemalige Profi Alessandro Zamperini, der vor zwei Sommern wegen eines Flirts mit Silvio Berlusconis Dentalhygienikerin – und späterer Politkarrierefrau – Nicole Minetti in die Schlagzeilen kam, versuchte noch im November 2011 einen Spieler des Zweitligisten AS Gubbio mit einem Geldpaket von über 150 000 Euro zu überzeugen, das Pokalspiel gegen den Serie A-Vertreter AC Cesena zu verschieben.

Alessandro Zamperini handelte nach Aussage des Kronzeugen Gervasoni im Auftrag der Wettmafia. Weil der kontaktierte Profi aus Gubbio aber ablehnte und bei der Polizei Anzeige erstattete, kam die winterliche Verhaftungswelle ins Rollen. Aufgedeckt wurden im Zuge der Verhaftungen auch Geldflüsse in die Schweiz. Der ehemalige Nationalstürmer Giuseppe Signori soll von einem Luganoer Konto seine Anteile an Wettgewinnen ausgezahlt bekommen haben.

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