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Sport: Deutsch-deutsche Befindlichkeiten

Vor der Auslosung des Champions-League-Halbfinales stichelt Bayerns Präsident Hoeneß gegen Dortmund.

Es war ein paar Minuten nach Mitternacht, als Karl-Heinz Rummenigge im Bankettsaal des Hotel Prinicipi di Piemonti mitten in Turin auf Konfrontationskurs ging. Der Vorstandsvorsitzende des FC Bayern München knöpfte sich in aller Öffentlichkeit Matthias Sammer vor. Er werde sich nun über ihn hinwegsetzen, verkündete Rummenigge am Ende seiner Bankettrede, aber wie fast alles an diesem Champions-League-Abend, passierte auch das mit einem Schmunzeln. Er erlaubte der Mannschaft nach dem Halbfinaleinzug am Mittwoch, die Fokussierung zumindest für ein paar Stunden aufzugeben, trotz des bevorstehenden Bundesliga-Duells mit Nürnberg. „Als Deutscher Meister können wir das etwas entspannter angehen.“

Der Sportvorstand wagte es nicht, seinem Chef zu widersprechen, sondern akzeptierte gut gelaunt, dass die Nacht in Turin etwas länger dauerte. „Ich glaube, jetzt gilt es, auch mal durchzuatmen“, gab Sammer zu. Die Münchner haben einen weiteren Schritt auf dem Weg zum größten der drei Ziele geschafft, Juventus Turin wie im Hinspiel auch im stimmungsvollen Stadion des italienischen Rekordmeisters 2:0 bezwungen und im Viertelfinale die größte Souveränität von allen vier noch im Wettbewerb befindlichen Mannschaft ausgestrahlt.

Als Aufforderung zur Sause war Rummenigges Rat allerdings nicht zu verstehen. Ganz abschalten konnten die Spieler ohnehin nicht. Vieles drehte sich darum, wohin die nächste Champions-League-Reise führen wird. Madrid, Barcelona oder Dortmund sind die Optionen in diesem Duell zwischen den beiden besten Teams der spanischen Primera Division und der deutschen Bundesliga. „Das sind vier Mannschaften auf Augenhöhe“, meint Kapitän Philipp Lahm.

Präsident Uli Hoeneß sieht das seit dem gewonnenen Pokalspiel gegen die Westfalen Ende Februar allerdings ein klein wenig anders. „Am Tisch“, verriet er zu vorgerückter Stunde, „herrscht auch die Meinung vor: Dortmund wäre schön.“ Weil die Borussia, wie er findet, „schlagbarer als die Spanier“ ist. „Oder meinen Sie, dass Dortmund besser ist als Real oder Barcelona? Ich glaube nicht.“ Es dauerte nicht allzu lange, bis eine Antwort aus Westfalen vorlag. Hoeneß solle sich „nicht zu sicher fühlen“, sagte Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke der „Welt“. „Die vergangenen Jahre haben ja gezeigt, dass wir gegen die Münchner durchaus das eine oder andere Spiel gewinnen können.“ Dennoch möchte Watzke lieber kein deutsches Duell im Halbfinale. „Ich bin da offenbar romantischer veranlagt. Für mich liegt der Reiz des Europapokals auch darin, internationale Partien zu spielen“, sagte er.

Dass sie längst ein internationales Spitzenteam sind, demonstrierten die Bayern in Turin. Das Rückspiel war der Triumph einer gefestigten Mannschaft, die sich ihrer Stärke jederzeit bewusst ist. In der ersten Hälfte hatten die Bayern Schwierigkeiten, die forsch auftretenden Italiener in den Griff zu bekommen, aber „wir haben Charaktere in der Mannschaft, die dann ruhig bleiben“, sagte Lahm. Nach der Pause brachten die Münchner die Turiner Gegenwehr zum Erlahmen und führten mit den Toren des wegen seiner dritten Gelben Karte im Halbfinal-Hinspiel gesperrten Mario Mandzukic und Claudio Pizarro souverän zu Ende, was sie acht Tage zuvor begonnen hatten. „Die Bayern sind individuell und im Kollektiv stark“, sagte Turins Trainer Antonio Conte. „Sie werden auch in den kommenden Jahren eine der besten Mannschaften in Europa sein.“

Der Deutsche Meister hat aber erst einmal das Finale in dieser Saison im Blick, und „dass wir diesen 19. Mai, der uns allen noch ein bisschen in den Gliedern steckt, so schnell wie möglich abbauen“, sagte Rummenigge. Bald ein Jahr liegt die Finalniederlage gegen Chelsea jetzt zurück. Dieser wohl bitterste Moment der Vereinsgeschichte ist auch im Moment des Triumphs stets präsent und dient als Motor. „Der Weg ist noch nicht zu Ende“, sagt Mandzukic. Die Bayern befinden sich aber schon auf der Zielgeraden.

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