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Ilkay Gündogan befindet sich derzeit in glänzender Verfassung.

© dpa

Deutsche Fußball-Nationalmannschaft: Ilkay Gündogan spielt wieder groß auf

Ilkay Gündogan findet zu alter Form zurück und verschärft den Konkurrenzkampf im Nationalteam. Vor allem für Bastian Schweinsteiger könnte der Dortmunder gefährlich werden.

Karim Bellarabi hat noch einen verzweifelten Versuch gestartet, aber vermutlich hat er schon geahnt, dass dieser Versuch ins Leere laufen würde. Nein, er sei nicht verletzt gewesen, berichtete Bellarabi vor dem EM-Qualifikationsspiel der deutschen Nationalmannschaft in Glasgow, seine frühe Auswechslung im Spiel gegen Polen am Freitag sei allein taktisch begründet gewesen. Mit anderen Worten: Er würde schon gerne auch gegen Schottland spielen.
Genutzt hat dieses Plädoyer in eigener Sache nichts. Am Ende hat es natürlich den kleinen Karim erwischt, 25 Jahre alt, Profi bei Bayer Leverkusen, der gerade mal acht Länderspiele bestritten hat. Einer musste ja raus für Ilkay Gündogan vom Bundesliga-Tabellenführer Borussia Dortmund. Gündogan ist im Mittelfeld vielseitig verwendbar: Er kann als Sechser spielen, genauso als Zehner. Karim Bellarabi war gegen Polen im linken offensiven Mittelfeld zum Einsatz gekommen.

Anstatt positionsgetreu zu wechseln, entschied sich Bundestrainer Joachim Löw gleich für die mittelgroße Rochade im Mittelfeld. Gündogan rückte in die zentrale Offensive, Mesut Özil auf die linke Seite und Karim Bellarabi auf die Bank. An die großen Namen – Kapitän Bastian Schweinsteiger im defensiven Mittelfeld oder Mesut Özil als Zehner – traute sich der Bundestrainer nicht heran. „Im Mittelfeld haben wir ein Überangebot an Ausnahmespielern“, sagt Löw. Aber mehr als ein Luxusproblem will der Bundestrainer in dieser Konstellation nicht erkennen. Wenn er sich da mal nicht täuscht.

Ilkay Gündogan hat in den beiden jüngsten Länderspielen einen guten Eindruck hinterlassen, zum ersten Mal eigentlich, seitdem er von seiner komplizierten Rückenverletzung genesen ist. Er ist jetzt offensichtlich wieder richtig fit, hat seine alte Sicherheit im Spiel wiedergefunden. Gegen Polen brachte der 24-Jährige nach seiner Einwechslung neuen Schwung, und beim 3:2 in Schottland erzielte er nach einem dynamischen Antritt durchs Mittelfeld und einem Doppelpass mit Thomas Müller den Siegtreffer.

"Top-Mittelfeldspielern dieser Welt"

Müller habe „so gut aufgelegt, da blieb mir nichts anderes übrig, als den Ball ins Tor zu schießen“, sagte Gündogan in gespielter Bescheidenheit. Er war in Glasgow nicht nur wegen seines Treffers positiv aufgefallen, sondern auch durch seine Befähigung, das Spiel zu beschleunigen. „Ich bin richtig froh, dass Ilkay wieder dabei ist, dass er eine gute Form hat“, sagte Löw. „In beiden Spielen hat man gesehen, welchen Wert er für die Mannschaft hat.“ Gemessen an diesem Wert fällt seine Statistik bisher ziemlich dünn aus. Vor vier Jahren hat der Dortmunder in der Nationalelf debütiert, seitdem hat er ganze 13 Länderspiele bestritten – was nicht nur an seiner langen Verletzungspause (14 Monate) liegt. Mit Bastian Schweinsteiger, Toni Kroos und Sami Khedira hat Gündogan im zentralen Mittelfeld drei Konkurrenten vor sich, die Löw über alle Maßen schätzt. Schon bei der EM 2012 war Gündogan in überragender Form, mit Borussia Dortmund gerade Meister und Pokalsieger geworden. Der Bundestrainer aber setzte lieber auf Bastian Schweinsteiger, der sich, lädiert an Geist und Körper, durch das Turnier schleppte.

Wenn Gündogans Entwicklung so weiter geht wie in den vergangenen Wochen, könnte sich das Thema bis zur nächsten Europameisterschaft noch einmal dramatisch zuspitzen. „Ilkay gehört wieder zu den Top-Mittelfeldspielern dieser Welt", sagte sein Dortmunder Vereinskollege Mats Hummels nach dem Spiel in Glasgow. Auch Löw schätzt Gündogan. Der Bundestrainer hob dessen gutes Raumgefühl hervor, die enge Ballannahme und seine schnellen Drehungen. Aber Löw hat sich selbst in die Situation gebracht, in der er nur bedingt frei ist in seinen Entscheidungen.

Vor einem Jahr, noch unter dem Einfluss des bravourösen Finales bei der WM in Brasilien, hat Löw Schweinsteiger zum neuen Kapitän der Nationalmannschaft ernannt. Den Kapitän aber nimmt man nicht so schnell aus der Mannschaft, nicht mal wenn er schlecht spielt. Schweinsteiger ist immer noch ein großer Stratege, aber mit inzwischen 31 Jahren bekommt er jetzt schon gelegentlich Probleme mit dem Tempo. Gegen Schottland trat er einmal kurz auf den Ball, und als er weiterspielen wollte, rauschte ein gegnerischer Fuß dazwischen – Schweinsteiger trat einfach ins Leere.

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