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Me and the City. Jerome Boateng wechselte nach Manchester. Foto: ddp

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DEUTSCHE IM AUSLAND: Fernsehstars als Mitspieler

Deutsche Nationalspieler sind bei ausländischen Spitzenklubs so begehrt wie lange nicht mehr

Fußballer sind auch nur Menschen, und deshalb erlebt Sami Khedira in diesen Tagen bei der deutschen Nationalmannschaft durchaus menschliche Reaktionen: Seine Kollegen waren vor dem Spiel gegen Aserbaidschan einfach neugierig. Wie ist das Training bei Real Madrid? Was ist José Mourinho für ein Typ? Häufig wird er auch auf seine neuen Mitspieler angesprochen, „die man nur vom TV-Gerät kennt“. Als Angestellte bei Real sind Sami Khedira und sein Nationalteamkollege Mesut Özil auf dem besten Wege, in ihrer Heimat selbst zu Attraktionen zu werden. So viel internationale Anerkennung hat der deutsche Fußball lange nicht mehr genossen. Natürlich ist das ein Resultat der WM in Südafrika. Drei junge Nationalspieler mit Perspektive – Khedira, Özil und Jerome Boateng – sind aus der Bundesliga ins Ausland gewechselt. Umworben war aber auch Philipp Lahm, Bastian Schweinsteiger, Thomas Müller, Lukas Podolski, Serdar Tasci und Mario Gomez. „Das tut gut nach einem Loch seit den neunziger Jahren“, sagt Oliver Bierhoff, der Manager der Nationalmannschaft, über das neue Interesse an deutschen Fußballern. Diese Meinung war hierzulande nicht immer mehrheitsfähig. Fritz Walter und Uwe Seeler zum Beispiel sind auch deshalb so populär geworden, weil sie den vermeintlich unmoralischen Angeboten aus dem Ausland widerstanden haben. Und dass Bundestrainer Sepp Herberger sich in den fünfziger Jahren weigerte, Legionäre in der Nationalelf einzusetzen, passte zum Zeitgeist. Doch selbst Herbergers Nachfolger Helmut Schön verzichtete bei der WM 1978 noch auf Uli Stielike, weil der sich dem Willen des DFB-Präsidenten Hermann Neuberger widersetzt hatte und seinen Wechsel zu Real Madrid nicht verschieben wollte. Allerdings gab es auch einen praktischen Grund für die Haltung des DFB. Ausländische Vereine waren noch nicht verpflichtet, ihre Spieler für Länderspiele abzustellen, und Schön war sich zu schade, für jede Nominierung Stielikes „bei Real Madrid Klinken zu putzen“. Diese Einstellung hat sich inzwischen grundlegend geändert. „Das hilft uns als Nationalmannschaft nur weiter“, sagt Philipp Lahm über das Engagement seiner Kollegen Özil und Khedira bei Real Madrid. Entscheidend für den Stimmungsumschwung war die WM 1990. Von den elf Spielern, die in Rom den WM-Titel gewonnen haben, standen fünf bei italienischen Vereinen unter Vertrag: Lothar Matthäus, Andreas Brehme und Jürgen Klinsmann (Inter Mailand) sowie Rudi Völler und Thomas Berthold (AS Rom). Fünf weitere Weltmeister (Thomas Häßler, Jürgen Kohler, Andreas Möller, Karl-Heinz Riedle, Stefan Reuter) folgten ihnen später in die damals stärkste Liga der Welt. Und bei der EM 1996 gehörten dem Kader noch neun Spieler an, die im Ausland spielten oder gespielt hatten. Es war der letzte große Titel der Deutschen. Stefan Hermanns, Köln

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