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Der Aufsteiger. Der 19-jährige Wuppertaler Christian vom Lehn schwamm bei der deutschen Meisterschaft die weltweit zweitbeste Zeit über 200 Meter Brust.

© dpa

Deutsche Meisterschaft: Die zweite Reihe der Schwimmer startet durch

Während die Stars sich schwer tun, prägen zuvor unauffällige Schwimmer die deutsche Meisterschaft. Zumindest in der nationalen Konkurrenz beweisen viele Athleten, dass sie dem Druck standhalten können.

Berlin - Das Flugzeug war schon zwei Tage zuvor gelandet, gut, da war der Stress nicht ganz so groß. Aber als Yannick Lebherz ins Becken sprang, in dieser Schwimmhalle in Charlotte, USA, da steckte ihm der Jetlag noch in den Knochen. Er musste sich durchs Wasser kämpfen, mit enormer Willenskraft, und am Ende lag seine Zeit klar über seinem persönlichen Rekord. Aber er hatte gewonnen, er hatte starke US-Amerikaner geschlagen über 400 Meter Lagen bei diesem Grand-Prix im Mai. „Tolle Leistung“, sagt Dirk Lange, der Schwimm-Bundestrainer.

Charlotte ist für Lange ein weiterer Beweis dafür, dass Lebherz einer dieser Typen ist, die er sehen möchte. Was Lebherz drauf hat, wenn er ausgeruht ist, das hat er bei den deutschen Meisterschaften gezeigt. Diesmal gewann er die 400 Meter Lagen in 4:14,02 Minuten. Das war nicht bloß deutscher Rekord, er hatte damit auch die WM-Norm erfüllt.

Willkommen im Klub. Willkommen im Kreis der Athleten, die diese Meisterschaft geprägt haben, Talente, aber auch Leute, die sonst eher im Schatten der Stars stehen. Sie tragen zum Beispiel die Namen Dorothea Brandt, Marco di Carli, Christian vom Lehn, Benjamin Starke oder Jan David Schepers und natürlich Yannick Lebherz. Silke Lippok gehört auch dazu, 17 Jahre alt, Siegerin über 200 Meter Freistil. Im Finale hatte sie die WM-Norm zwar klar, im Vorlauf aber nur einigermaßen knapp verpasst.

Die Normen waren hoch, aber zumindest in der nationalen Konkurrenz haben viele Athleten bewiesen, dass sie dem Druck standhalten können. „Einige Etablierte haben sich zu sicher gefühlt“, sagte Lange. „Viele Nationalmannschaftsmitglieder sind athletisch nicht voll ausgeprägt.“ Der Name Steffen Deibler fiel nicht, aber jeder wusste, dass auch der Kurzbahn-Weltrekordler gemeint ist. Deibler bleibt auf allen seinen Strecken unter der Norm. Möglicherweise dachte Lange aber auch an Britta Steffen und Paul Biedermann. Die qualifizierten sich erst am letzten Tag für die WM in Schanghai. 24 Athleten hat Lange gestern nominiert, Deibler hat Glück. Er bekommt Ende Juni bei einem Wettkampf noch mal die Chance, die Norm zu erfüllen.

Man kann sich natürlich jetzt allein auf die Zeiten konzentrieren, aber die Situation ist ein bisschen komplizierter. Steffen und Biedermann haben ihren Trainingsaufbau auf die WM ausgerichtet, Berlin, das hatte auch Lange schon vor der Meisterschaft erklärt, war für sie „eher eine Durchgangsstation“. Sie haben, anders als andere, nicht rechtzeitig vor den Titelkämpfen die Trainingsbelastung reduziert. Bis zur WM stehen nur noch wenige Wochen zur Verfügung, in denen man hart trainieren kann, zu wenige Wochen, um völlig neu aufzubauen. Deshalb machte es, jedenfalls für erfahrene Stars wie Biedermann und Steffen, durchaus Sinn, in Berlin ein bisschen zu pokern.

Einer wie Lebherz konnte sich das nicht leisten. „Ich bin noch nicht so gut, dass ich Deutsche Meisterschaften als Durchgangsstation betrachten kann“, sagt er. Lebherz hat sich – wie andere auch - gezielt vorbereitet. In Berlin hat es funktioniert, die Frage lautet nun: Funktioniert es auch in Schanghai? Können Leute wie vom Lehn oder Starke dort ihr jetziges Niveau halten oder sogar noch steigern? Und halten sie dem nervlichen Druck stand? Erfolge gegen deutsche Gegner sind das eine. Ruhe zu bewahren, wenn man auf Weltstars wie Michael Phelps trifft, ist das andere. Bei Lebherz zumindest ist Lange eher gelassen. „Der hat inzwischen keine Angst vor großen Namen.“

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