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Peking 2008 - Schwimmen - Deutsche Frauen-Staffel

© dpa

Deutsche Schwimmer: Suche nach Leichtigkeit

Die ersten Rennen der Frauen besitzen für die deutschen Schwimmer symbolische Bedeutung. Vom Abschneiden beim Olympia-Start hängt die Stimmung der gesamten Mannschaft ab

Daniela Götz zwängte sich mühsam aus ihrem Schwimmanzug und harrte der Dinge, die da kommen würden. Sie wusste, dass sie gleich den verbalen Auftritt ihrer erbosten Teamkollegin erleben würde. Und wirklich: Jetzt tauchte Britta Steffen auf, die Weltklasseschwimmerin aus Berlin, und schimpfte: „Es kann ja wohl nicht sein, dass wir hier zehn Minuten warten müssen.“ Sie musste nicht warten, sie musste Fragen beantworten, Fragen der Fernseh- und Hörfunkreporter, die in der Nähe des Pools im Pekinger Schwimmstadion warteten. Und sie warteten natürlich auf Steffen, die frühere Weltrekordlerin über 100 Meter Freistil, den Star des deutschen Schwimmteams. Die hatte gerade mit der 4x100-Meter-Staffel souverän das Finale am frühen Sonntagmorgen erreicht.

Und nun wollte Steffen ihre Ruhe haben. „Wir wollten ins Finale, und wir sind im Finale“, erklärte sie kurz und knapp. Steffens ruppige Art, die eigentlich gar nicht zu ihr passt, zeigte die nervliche Anspannung, unter der sie stand.

Dabei war das DSV-Quartett immerhin mit der zweitschnellsten Zeit unter den 15 gestarteten Teams in den Endlauf geschwommen. Nur die Chinesinnen waren schneller als das deutsche Ensemble mit Meike Freitag, Antje Buschschulte, Götz und Steffen. Es ist die Besetzung, die auch fürs Finale vorgesehen war. Und genau das machte den deutschen Schwimmerinnen Sorgen. „Die anderen sind nicht in Bestbesetzung angetreten, wir schon“, raunzte Steffen. „Das ist der Unterschied.“

Man muss diese Nervosität verstehen, denn die Staffel und die ersten Wettkampftage besitzen Symbolcharakter. Ein Erfolg hebt die Laune des ganzen Teams, ein Misserfolg zieht alle runter. Bei der WM in Melbourne dauerte die Phase der Tristesse die komplette Wettkampfzeit, nachdem an den ersten Tagen sportlicher Erfolg ausgeblieben war.

Bei der Europameisterschaft 2002 in Berlin war das genaue Gegenteil zu besichtigen: Die 4x100-Meter-Freistilstaffel schwamm zu Beginn der Titelkämpfe in Weltrekordzeit zu Gold – unter anderem mit Franziska van Almsick. Sie ließ sich von der guten Stimmung so mitreißen, dass sie kurz darauf das 200-Meter-Freistil-Rennen, ihre Spezialdisziplin, in der Weltrekordzeit von 1:56,64 Minuten gewann.

Einen Tiefpunkt erlebten die deutschen Schwimmer aber nicht bloß bei der Weltmeisterschaft 2007, sondern auch bei den Olympischen Spielen 2000 in Sydney und 2004 in Athen. Da gerieten alle Schwimmer in einen Abwärtsstrudel – jeweils nach einem verpatzten Wettkampfauftakt.

Auch am Samstag begann der Wettkampf für die Deutschen eher holprig. Daniela Samulski zum Beispiel war nach ihrem Vorlauf-K.o. als 39. über 100 Meter Schmetterling ratlos. „Ich heule nicht gleich los“, sagte die Deutsche Meisterin. „Ich weiß nicht, woran es gelegen hat, an der Halle sicher nicht. Wenn, dann an mir.“ In enttäuschenden 1:00,37 Minuten schwamm sie über 100 Meter Schmetterling um Längen am Halbfinale der besten 16 vorbei. Bei der Qualifikation in Berlin hatte die Wuppertalerin in 58,63 Sekunden noch deutschen Rekord erzielt. Vorlaufsiegerin Jessicah Schipper (Australien) schwamm schon im Vorlauf von Peking in 57,58 Sekunden in einer anderen Liga.

Über 400 Meter Freistil verpassten Paul Biedermann (18.) und Christian Kubusch (29.) erwartungsgemäß das Halbfinale. Und Katharina Schiller (33.) hatte über 400 Meter Lagen gegen die Weltelite keine Chance, aber auch das war klar. Sie vertrat kurzfristig die verletzte Nicole Hetzer. Biedermann nahm das Vorlauf-Aus gelassen. „Ich wollte die 400 Meter als Einschwimmen für die 200 Meter. Mit der Zeit kann ich gut leben“, stellte der Zivildienstleistende aus Halle/Saale fest, „ich fühle mich echt wohl.“

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