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Noch ein Hoffnungsträger. Karl Geiger hat Martin Schmitt aus dem Team gedrängt. Ob er den Sprung nach ganz vorne schafft?

© AFP

Deutsche Skispringer: In der Breite gut, aber es fehlt ein Sieger

Die deutschen Skispringer sind in der Breite gut, doch es fehlt ein Gewinnertyp. Und so machen mal wieder die anderen Nationen den Gesamtsieger der Vierschanzentournee unter sich aus.

Auf den ersten Blick hat Bundestrainer Werner Schuster eine seltsame Entscheidung getroffen, als er Martin Schmitt nicht mehr für das dritte Springen bei der Vierschanzentournee nominierte. Und damit dessen internationale Karriere beendete. An seiner Stelle durfte Karl Geiger am Freitag in der Qualifikation auf dem Innsbrucker Berg Isel die Anlaufspur hinuntergleiten, obwohl er in der Tourneegesamtwertung 22 Plätze hinter dem auf Platz 32 geführten Martin Schmitt liegt. Geiger bedankte sich mit Platz 22 in der Qualifikation für das heutige Springen (voraussichtlich ab 13.45 Uhr live in der ARD). Auf jeden Fall war die Entscheidung eine folgerichtige.

Die Vierschanzentournee und ihre Gesamtwertung ist für die deutsche Mannschaft bereits nach zwei Springen erledigt. „Wir wollten mit einem Mann in der Spitze mitkämpfen“, sagt Bundestrainer Schuster, „dieser Zahn ist uns schon in Oberstdorf gezogen worden.“ Vor den beiden abschließenden Springen liegt Michael Neumayer als bester deutscher Springer nur auf Rang elf. Also gilt der Fokus nun schon den Olympischen Spielen im Februar in Sotschi, und da kann Martin Schmitt nicht mehr weiterhelfen. „Man muss immer sehen, wie groß ist der Abstand nach vorne“, sagt Schuster. Und der ist beim ehemaligen Olympiasieger mit Rang 27 als bestes Ergebnis immer noch sehr groß. „Bei einem 15. Platz hätte die Sache schon anders ausgesehen“, sagt der Bundestrainer. Im Gegensatz zum 35 Jahre alten Schmitt hat Karl Geiger in dieser Saison schon einen 15. und einen 14. Platz erreicht, was ihm die Olympiaqualifikation beschert hat.

Dass Werner Schuster allerdings noch einmal ernsthaft über den bereits zurückgestuften Martin Schmitt nachdenken musste, offenbart die aktuellen Probleme im deutschen Team. Seiner Mannschaft fehlt ein Siegspringer. „Für so ein Großereignis brauchst du einen Mann, der sein Paket geschnürt hat und auf einer Welle surft“, sagt Schuster. Die Österreicher haben so einen im 21 Jahre alten Tourneeführenden Thomas Diethart gefunden.

„Wir haben in Garmisch-Partenkirchen unsere zwei Bestplatzierten verloren und zwei neue dazubekommen“, sagt der Bundestrainer. Das zeige das Potenzial der deutschen Mannschaft, doch das bestreitet keiner mehr. Nun geht es darum, einen Siegspringer zu entwickeln. Und das klappt auch in Schusters sechstem Jahr als Bundestrainer nicht. „Wir sind nicht zufrieden“, sagt er, „wir haben es nicht hingekriegt.“

Vier Podestplätze durch Severin Freund, Andreas Wellinger, Marinus Kraus und Richard Freitag hat sein Team in dieser Saison erreicht. Doch nun, da es wichtig wird, stürzen seine Springer zu früh ab. „Wir haben keine Hierarchie im Team“, klagt der Bundestrainer. Aufgrund seiner Erfahrung und seiner Leistungen müsste eigentlich der 25 Jahre alte Severin Freund die Mannschaft anführen. Doch der Tüftler mit der professoralen Art hat wieder einmal bei der Vierschanzentournee seine Trainer und sich selbst enttäuscht. Kann er womöglich dem gestiegenen Druck von außen nicht standhalten? „Das sehe ich nicht als Ursache“, sagte er, „ich versuche, dass ich meine Erwartungen auf den Sprung lege.“ Dem gesamten Team fehlt mitunter die Lockerheit. „Die Leute haben total überzogen“, sagte der Bundestrainer nach der desaströsen Qualifikation von Garmisch-Partenkirchen, „sie sind viel zu bewusst rangegangen.“

Schuster hat in den letzten Jahren fraglos gute Arbeit geleistet. Als er das deutsche Team 2008 übernommen hat, lag es am Boden. Nun hat er ein breites Team mit zahlreichen Talenten wie Marinus Kraus und Andreas Wellinger entwickelt, das immer wieder einen Springer unter den besten drei platzieren kann. Für das Springen in Innsbruck haben sich alle sieben deutschen Springer qualifiziert.

Nach dem Springen von Garmisch-Partenkirchen, als Andreas Wellinger auf Rang fünf und Richard Freitag auf Rang neun kamen, konnte Werner Schuster sagen: „Das ist ein akzeptables Ergebnis, wir sind knapp dran.“ Aber mehr auch nicht. Und für die Olympischen Spiele, wo der Druck noch größer sein wird, sind das keine guten Voraussetzungen.

Der Bundestrainer will jetzt in Innsbruck und Bischofshofen (6. Januar) Podestplätze erreichen und damit das Selbstbewusstsein in seinem Team vor den Olympischen Spielen fördern. Dort soll vor allem im Teamwettbewerb eine Medaille gelingen. So wie in Nagano 1998 (Silber), Salt Lake City 2002 (Gold) und Vancouver 2010 (Silber) auch. Bei diesen Erfolgen war Martin Schmitt stets dabei, nun aber wird er erstmals fehlen. Noch so ein schlechtes Vorzeichen?

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