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Tim Rakete. Ohlbrecht (l.) unterzeichnete einen Vertrag bei den Houston Rockets.

© dpa

Deutscher Basketballer in der NBA: Tim Ohlbrecht und die Flucht ins Glück

Als achter Deutscher hat Tim Ohlbrecht den Sprung in die beste Basketball-Liga der Welt geschafft. Dabei hatten ihm viele den Sprung in die NBA gar nicht mehr zugetraut.

Als Tim Ohlbrecht im vergangenen November Deutschland in Richtung USA verließ, begleiteten den deutschen Basketballer Verwunderung, Spott und ungläubiges Kopfschütteln. Was wollte der Nationalspieler nur in der D-League, dem Unterbau der glamourösen Profiliga NBA? In der D-League wird schlecht bezahlt, die Hallen sind meist leer, Teams wie die Sioux Falls Skyforce, Fort Wayne Mad Ants oder Maine Red Claws liefern sich Basketballspiele im Wild-West-Stil: jeder für sich, erst schießen, dann Fragen stellen.

Doch Ohlbrecht hatte ein Ziel vor Augen, das er in der Nacht zu Dienstag tatsächlich erreichte: Das NBA-Team Houston Rockets, Partnerklub von Ohlbrechts D-League-Mannschaft Rio Grande Valley Vipers, gab dem 24-Jährigen einen Vertrag. „Ich habe es geschafft!!! Ich kann es nicht glauben“, schrieb Ohlbrecht beim Internetdienst Instagram. Die Rockets verpflichteten den gebürtigen Wuppertaler sogar bis 2015, können den Vertrag aber noch zum Saisonende auflösen.

Zumindest bis zum kommenden Sommer ist Ohlbrecht damit der achte deutsche Profi in der NBA-Geschichte, Shawn Bradley und Chris Kaman wurden allerdings nur aufgrund ihrer deutschen Wurzeln eingebürgert. Sein erstes Spiel für Houston könnte Ohlbrecht schon am heutigen Mittwoch gegen die Milwaukee Bucks absolvieren, am Sonntag treffen die Rockets, die in der Western Conference auf dem achten Platz und damit auf einem Play-off-Rang liegen, auf die Dallas Mavericks mit Kaman und Dirk Nowitzki.

Wie viele andere talentierte deutsche Basketballer hatte auch Ohlbrecht zu Beginn seiner Karriere das Pech, mit Nowitzki verglichen zu werden. Für seine Größe von 2,11 Meter ist Ohlbrecht recht beweglich und athletisch und verfügt zudem über einen soliden Distanzwurf – genau die Eigenschaften, die im modernen Basketball gefragt sind. Allerdings hatte er schnell den Ruf, nicht hart genug zu arbeiten und sein Talent zu vergeuden. Auch im Nationalteam wirkte der Power Forward bisweilen abgelenkt bis teilnahmslos, spektakuläre Dunkings und Blocks wechselten sich mit unnötigen Fouls und schlafmützigen Aktionen in der Verteidigung ab.

Schon die Boston Celtics wollten Ohlbrecht verpflichten

Nach Stationen in Leverkusen, Bamberg und Bonn hatte Ohlbrecht zu Beginn der vergangenen Saison bei den Frankfurt Skyliners nur einen Drei-Monats-Vertrag erhalten, der schließlich wenigstens bis zum Saisonende verlängert wurde. Im vergangenen Sommer schlug er mehrere Angebote von Bundesligisten aus und wagte den Schritt in die D-League, der auch ein bisschen wie eine Flucht wirkte. „Es ist gut, nicht mehr in Deutschland zu sein“, sagte Ohlbrecht im Januar. „Es ist gut, woanders zu sein, frei zu sein, neu anzufangen.“

Bei den Rio Grande Valley Vipers tat Ohlbrecht das, was ihm kaum ein deutscher Klub mehr zugetraut hatte: Er biss sich durch. In 32 Spielen kam er im Schnitt auf 13,4 Punkte und sieben Rebounds, blockte die meisten Würfe aller Spieler und führte die Ligastatistik mit einer Wurfquote von gut 60 Prozent an. In einem Interview mit der deutschen Fachzeitschrift „BIG“ betonte Ohlbrecht, wie ihn sein neues Arbeitsumfeld motiviert habe: „Hier gibt es keine Trainingseinheit, keine Spielminute, in der die Konkurrenz nicht zu spüren ist.“

In den USA wird Ohlbrecht als Center und damit näher am Korb eingesetzt, er hat sich darauf eingestellt, die Schultern des einst schlaksigen jungen Manns sind sichtbar breiter geworden. „Es zeugt von großem Willen und Ehrgeiz, den harten Weg durch die D-League zu gehen“, teilte Bundestrainer Frank Menz mit, der Ohlbrecht vor wenigen Tagen besucht hatte. Menz zeigte sich „beeindruckt von Tims Entwicklung in den USA, insbesondere auf athletischem Niveau“.

Nicht nur die Houston Rockets waren auf Ohlbrecht aufmerksam geworden, die Boston Celtics hatten dem Deutschen zuletzt einen für D-League-Spieler üblichen Zehn-Tages-Vertrag angeboten. Als der 84-malige Nationalspieler dies ausschlug, war klar, dass es noch eine bessere Option für ihn gab. Ohlbrecht will beweisen, dass er sich in der stärksten Liga der Welt durchsetzen kann. „Für mich ist ein Traum wahr geworden, den ich trotz diverser Rückschläge nie vollständig aus den Augen verloren habe“, sagte er nach der Vertragsunterzeichnung. „Ich bin stolz, Deutschland auf dieser großen Bühne repräsentieren zu dürfen, und werde jetzt noch intensiver arbeiten, um diese Chance entsprechend zu nutzen.“ Angesichts seiner jüngsten Entwicklung ist es Tim Ohlbrecht durchaus zuzutrauen, dass ihm auch dies gelingt.

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