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Immer diese hohen Erwartungen. Carlo Ancelotti weiß allerdings, dass die Klubverantwortlichen beim FC Bayern mehr wollen als nationale Titel.

© Fabian Bimmer/Reuters

Deutscher Meister Bayern München: Sehnsucht nach mehr

Nur der Meistertitel in der Bundesliga reicht dem FC Bayern München nicht – deshalb rückt Trainer Carlo Ancelotti in den Fokus.

Die Ankündigung klingt nach rauschenden Feierlichkeiten. Carlo Ancelotti hat das Training am Dienstag abgesagt, seine Spieler bekommen einen weiteren freien Tag – als Belohnung für den deutschen Meistertitel, den fünften in Folge und den 27. insgesamt für den FC Bayern München. Die Spieler können sich also noch länger ausruhen nach der kurzfristig anberaumten Party in der Nacht von Samstag zu Sonntag in München. Nach dem 6:0-Sieg am Samstagabend beim VfL Wolfsburg war der FC Bayern sofort wieder zurückgeflogen und dann direkt weitergezogen in das Edelrestaurant Schuhbecks.

Bis in die frühen Morgenstunden sollen die Mannschaft und die Klubchefs laut Vereinsmitteilung gefeiert haben. Doch so sehr sich die Bayern auch bemühten, sich nun überaus ausgelassen zu geben: So wirklich wollte es ihnen nicht gelingen. Dafür gehört der Meistertitel viel zu sehr zum Standardrepertoire der Münchner. Und dafür haben das Ausscheiden im Viertelfinale der Champions League gegen Real Madrid und besonders die Heimniederlage im DFB-Pokalhalbfinale gegen Borussia Dortmund die Bayern viel zu hart getroffen.

„Man muss nicht drumherumreden, dass wir in den anderen Wettbewerben gerne erfolgreicher gewesen wären“, sagte Abwehrspieler Mats Hummels. Selbst Trainer Ancelotti betonte: „Wir wollten alle drei Titel gewinnen.“ Weil seine Mannschaft dies in dieser Saison jedoch deutlich verpasste, wird der Italiener von Präsident Uli Hoeneß und Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge immer kritischer beäugt werden. So wabern Gerüchte umher, die Bayern-Klubverantwortlichen empfinden Ancelottis Training als zu lasch. Außerdem soll ihnen nicht gefallen, dass der 57-Jährige den Spielern zu viele Freiheiten gestatte und auch nicht hart durchgreife, wenn etwa ein Spieler von einer Auslandsreise verspätet zurückkommt.

Über all dem schwebt der Vorwurf an Ancelotti, er würde jungen Spielern wie Joshua Kimmich, Kingsley Coman oder Renato Sanches kaum Chancen einräumen. Während Dortmund aufregende Supertalente wie Ousmane Dembélé oder Christian Pulisic präsentiert, können die Bayern nur auf ihre vielen erfahrenen Haudegen verweisen. Dabei muss innerhalb der Mannschaft dringend ein großer Umbruch eingeleitet werden. Philipp Lahm und Xabi Alonso hören nach der Saison auf, die Offensivspieler Arjen Robben und Franck Ribéry werden den Münchnern nicht mehr lange weiterhelfen. Zudem brauchen die Bayern einen gleichwertigen Ersatz für Robert Lewandowski, falls der Pole in wichtigen Spielen wie dem Hinspiel gegen Real ausfallen sollte.

Zum Thema Talentförderung sagte Ancelotti nun: „Wir werden es in der nächsten Saison besser machen.“ So sollen Kimmich, Sanches und Coman „im nächsten Jahr häufiger spielen als dieses Jahr“, sagte er. Ancelotti kann mit seiner ruhigen Art, dem Verständnis für die Wünsche aus der Chefetage und seinen drei Champions-League-Siegen im Lebenslauf offenbar immer noch bei Hoeneß und Rummenigge punkten.

Die Münchner dürften ihrer Sehnsucht nach einem Triumph in der Champions League daher wohl eher mit einer Einkaufstour begegnen. Mit den bereits aus Hoffenheim feststehenden Neuzugängen Niklas Süle und Sebastian Rudy werden sich die Bayern kaum zufrieden geben vor nächsten möglichen Duellen mit Barcelona, Madrid oder Chelsea. Deshalb werden in München schon Alexis Sanchez (FC Arsenal) für den Angriff und Marco Verratti (Paris) als neue Stütze im Mittelfeld neben Arturo Vidal gehandelt. Große Namen sind das, aber schließlich betonte Hoeneß nach dem Gewinn der Meisterschaft sofort: „Auf die Dauer ist ein Titel schon ein bisschen wenig für uns.“

Diese Aussage birgt nun Stoff für innere Konflikte beim FC Bayern. Rummenigge konterte jedenfalls mit der Replik: „Ich widerspreche Uli ungerne, weil ich mit ihm befreundet bin. Aber ich glaube, auch Uli Hoeneß hat Jahre erlebt, wo wir titellos waren. Wir müssen den Anspruch bei Bayern München auch nicht ins Unermessliche führen.“

Andererseits treibt der Titel Deutscher Meister die nach größtmöglichen Triumphen gierenden Münchner allein nicht mehr an. Die Konkurrenz in der Bundesliga ist einfach nicht stark genug für sie. Da hätten die Bayern schon zuvor locker mal ein paar Trainingstage ausfallen lassen können. (Tsp/dpa)

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