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Mission gescheitert. Angelique Kerber war mit Außenseiterchancen auf den Titel nach Wimbledon gereist. Doch am Samstag scheiterte die Kielerin bereits in der Dritten Runde an der Spanierin Garbiñe Muguruza 6:7 (12:14), 6:1, 2:6.

© rtr

Deutsches Aus bei Wimbledon: Radikaler Kahlschlag auf heiligem Rasen

Erstmals seit neun Jahren verpassen alle deutschen Tennisprofis das Achtelfinale in Wimbledon. Bundestrainerin Barbara Rittner mahnt besseren Umgang mit dem Leistungsdruck bei großen Turnieren an.

Barbara Rittner saß im Schein der Nachmittagssonne auf der malerischen Terrasse des Pressezentrums im All England Club, doch die Idylle täuschte. Die Bundestrainerin wirkte immer noch konsterniert, dass das Turnier in Wimbledon aus deutscher Sicht so abrupt beendet war. „Ich hatte gedacht, dass Angie hier ganz durchgeht“, sagte Rittner. Aber Angelique Kerber, als Nummer zehn der Welt ihre bestplatzierte Spielerin, war in der dritten Runde mit 6:7, 6:1 und 2:6 gegen Garbine Muguruza ausgeschieden. Statt dem großen Titel war bloß der Katzenjammer groß.

Denn während für die junge Mutter Tatjana Maria der Auftritt in Wimbledon ein beachtlicher Erfolg und die 4:6 und 4:6-Niederlage gegen die aufstrebende Amerikanerin Madison Keys erwartbar gewesen ist, war auch das frühe Aus von Sabine Lisicki eine herbe Enttäuschung. Sie unterlag mit 3:6 und 2:6 der Schweizerin Timea Bacsinszky. Da mit Nadal-Bezwinger Dustin Brown ebenso bei den Männern der letzte Deutsche ausschied, erlebten die DTB-Profis auf dem heiligen Rasen einen radikalen Kahlschlag. Seit 2006 findet die zweite Turnierwoche nun erstmals wieder ohne die deutschen Farben statt. „Das war ein frustrierender Tag für uns alle“, sagte Rittner.

Angelique Kerber fiel in alte Muster zurück

Dabei hatte dieser Tag mit einer guten Leistung von Kerber vielversprechend begonnen. Doch die 27 Jahre alte Kielerin verfiel auf halber Strecke in alte Muster: In einem furiosen ersten Durchgang, der beinahe anderthalb Stunden andauerte, konnte Kerber keinen ihrer neun Satzbälle nutzen. Am Ende der hochklassigen Partie hatte Kerber auch nur vier ihrer 19 Breakchancen verwertet. Die 21-jährige Spanierin war dagegen konsequenter und mutiger. Muguruza agierte, Kerber reagierte. Dabei zeigte Kerbers Formkurve in den letzten Wochen deutlich nach oben, in Birmingham hatte sie zuvor ihren ersten Rasentitel gewonnen. Sie schien bereit zu sein, an die jüngsten Erfolge im All England Club mit dem Viertel- und Halbfinaleinzug anzuknüpfen – vielleicht sogar noch einen drauf zu setzen. „Ich dachte, dieses Selbstvertrauen würde die Handbremse lösen“, meinte Rittner.

So reiht sich sogar das Lieblingsturnier der deutschen Profis in die übrigen Grand Slams in dieser Saison ein. Nirgendwo traten sie wirklich überzeugend auf. „Sie müssen einen Weg finden, besser mit dem Druck umzugehen“, betonte die Bundestrainerin, „sie müssen es mehr genießen und es nicht unbedingt jedem beweisen wollen. Dieses Jahr wirkt alles sehr verkrampft auf mich.“

Sabine Lisicki wirkte seltsam verunsichert

Auch bei Sabine Lisicki schien sich die Handbremse im Kopf nicht lösen zu wollen. Die 25 Jahre alte Berlinerin war seit ihrem Debüt im Jahr 2008 nicht mehr so früh gescheitert. Seither hatte Lisicki dreimal im Viertel- und jeweils einmal im Halbfinale und Endspiel gestanden. Doch bereits in der zweiten Runde gegen Christina McHale hatte die Weltranglisten-18. Probleme mit ihrem größten Trumpf, dem Aufschlag, gehabt. Sie wirkte nicht beweglich genug und seltsam verunsichert auf ihrem Wohlfühluntergrund. „Ich konnte mein Spiel heute nicht umsetzen und die Selbstsicherheit war nicht da. Ich weiß nicht warum“, sagte Lisicki ratlos, nachdem sie Bacsinszky klar unterlegen war. Die Nummer 15 der Welt hatte zwar erstmals bei den French Open im Halbfinale gestanden, dennoch fand Rittner, „dass sie für Sabine keine unschlagbare Gegnerin auf Rasen war“.

67 Minuten dauerte Lisickis Demontage. Ob sie sich nun die richtigen Fragen stellt mit ihrem Trainer Christopher Kas, wird sich zeigen. Auch Kerber nimmt sich jetzt eine Pause. Und Andrea Petkovic, die am Vortag in Runde drei verlor, kämpft derzeit mit familiären Sorgen. Bei den US Open Ende August haben sie die letzte Chance der Saison, die Handbremse zu lösen.

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