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Begehrtes Fotomotiv: das Polizeimotorrad samt Mütze.

© Hanna Gieffers

Deutschland gegen Holland - Fußballfeier am Ku'damm: Beim Autokorso Fotomodel für eine Nacht

Ein kleines grünes Bollwerk gegen die schwarz-rot-goldene Autoflut. Am Polizist und seinem Motorrad kam ab halb 12 am Mittwochabend kein Autofahrer auf dem Ku’damm vorbei. Ab dem Joachimstaler Platz war die beliebte Autokorsostrecke Berlins fest im Griff der feierwütigen Fußgänger.

Selbst der Polizist hat sich nach kurzer Zeit der Masse ergeben. Sein Motorrad samt Mütze wurde zur beliebten Requisite, er selbst das neue Lieblingsmotiv der Fans. Die Fotos à la ‚Polizeiruf 110’ waren heiß begehrt - vom braven Gesetzeshüter zum Fotomodel für eine Nacht. „Ein bisschen mitfeiern ist erlaubt“, sagte der Polizist verschmitzt. Was will man in so einer Jubelnacht auch anderes tun?

Bei einem Deutschlandspiel in Berlin Streife zu fahren, das ist schon eine undankbare Aufgabe. Man kann das Spiel höchstens im Radio mithören, lugt vielleicht mit einem neidischen Blick zu den sich auf den Gehwegen tummelnden Zuschauer und ihrem Alkohol- und Spaßpegel, der mit jedem Tor ansteigt. Eine freudige SMS des dienstfreien Kollegen nach dem ersten Tor hinterlässt einen eifersüchtigen Nachgeschmack.

Streife fahren, wenn Deutschland gewinnt, ist blöd. Doch den Autokorso nach einem Deutschlandsieg am Ku’damm umleiten zu müssen – das ist Höchststrafe. Wird die Verteilung dieser Schichten per Würfel dem Zufall überlassen oder dienen diese Einsätze gar zur Bestrafung von ungeliebten Kollegen? Der Polizist nahm seine nächtliche Aufgabe jedenfalls gelassen und ließ das Gemecker der Autofahrer an sich abprellen.

Die Autofahrer schimpften, sie wollten ihre Fahrt auf der Berliner Prachtstraße fortsetzen. Doch sie sollten dem Polizisten dankbar sein. Die letzten Autos vor der Sperrung fuhren hinein in eine riesige schwarz-rot-goldene Menschenmasse, in der Luft hing der Geruch von Böllern. Den vom Boden startenden Raketen auszuweichen war für die Autofahrer das kleinste Problem. Ein kleiner blauer Mini wurde von vier männlichen Fans am Dach gepackt und ordentlich durchgeschüttelt. Irgendwo haben die Fans ja hingemusst mit ihrem Testosteron. Die zwei blonden Frauen im Mini haben schnell ihr kleines Schiebedach geschlossen. Der erste Schock vorbei, brachen sie in Lachen aus. Es ging hupend weiter. Sie waren nicht die einzigen Autofahrer, denen es so erging.

Die meisten Autos setzten ihre Feierfahrt auf der Meinekestraße fort – bevor sie sich tröpfelnd in den normalen Verkehr der Litzenburger Straße einreihten und ihr Hupen in der Nacht verhallte. Für diese Ordnung sorgte der Polizist noch bis zwei Uhr nachts. Dann war auch erstmal seine Karriere als Fotomodel vorbei. Die zweite Folge folgt vielleicht beim nächsten Deutschlandspiel.

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