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Sport: Deutschland - Israel: Eine neue Generation

Für Reisende auf der Kulinarischen Landstraße ist ein Abstecher hinauf zum 562 Meter hohen Potzberg normalerweise ein Muss. Seit Rosenmontag ist die schmale Zufahrt hinauf zum Turmhotel jedoch hermetisch abgeriegelt und von Sicherheitskräften umzingelt.

Für Reisende auf der Kulinarischen Landstraße ist ein Abstecher hinauf zum 562 Meter hohen Potzberg normalerweise ein Muss. Seit Rosenmontag ist die schmale Zufahrt hinauf zum Turmhotel jedoch hermetisch abgeriegelt und von Sicherheitskräften umzingelt. Die israelische Fußballnationalmannschaft ist in die idyllische Herberge gezogen, um sich auf ihr erstes Länderspiel in Deutschland vorzubereiten. Dass ihre Fußballspiele von besonderen Umständen begleitet werden, sind die Israelis gewohnt. Sie bleiben gelassen, auch und gerade bei ihrem ersten Auftritt in Deutschland. "Wir sollten der Politik nicht immer so große Bedeutung beimessen", sagte Gavri Levi, Präsident des israelischen Fußballverbandes. "Es gibt so viele Länder, in denen wir noch nicht gespielt haben."

Zu den bereits abgearbeiteten Nationen gehört Kolumbien. Nur rund um jenes Spiel 1989, so ein israelischer Beobachter, seien ähnlich viele Polizisten und Sicherheitskräfte um das Wohl der Delegation bemüht gewesen. Das Polizeipräsidium Westpfalz hat auch eindeutig dargelegt, welchen Stellenwert die Sicherheitsbehörden der sportlichen Begegnung beimessen: "Dieses erste Gastspiel einer israelischen Elf auf deutschem Boden hat angesichts der derzeitigen weltpolitischen Situation, auch im Hinblick auf die nicht enden wollende Gewalt im Nahen Osten und dem erneuten Scheitern der israelisch-palästinensischen Gespräche eine besondere Dimension, die umfangreiche polizeiliche Sicherheitsvorkehrungen unentbehrlich machen." Formulierungen, die klingen, als ob sie mit dem Innen- und Außenministerium abgestimmt seien.

Ursprünglich war dieses Spiel in Israel vorgesehen, wo in Tel Aviv 1987 und 1997 die deutsche Nationalelf die bisher einzigen Aufeinandertreffen gewonnen hatte. Im Herbst vergangenen Jahres war der israelische Verband an den DFB herangetreten mit der Bitte um eine Verlegung nach Deutschland. Gerade hatte Israel erst die Irrungen und Wirrungen um das WM-Qualifikationsspiel gegen Österreich hinter sich, als ein erster Termin aus Sicherheitsbedenken von der Fifa storniert wurde und anschließend neun österreichische Spieler vor dem Ersatztermin aus dem selben Grund absagten. Dass die Israelis dann auch noch durch Andreas Herzogs Tor in der Schlussminute die Ausscheidungsspiele zur WM verpassten, traf die Fans im eigenen Land umso mehr.

Vier Monate später gibt es in der Pfalz keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass es zu Beeinträchtigungen des Länderspiels, geschweige denn terroristischen Anschlägen kommen könnte. Die Polizei versucht, sich auf alle Eventualitäten vorzubereiten, es wurde eine spezielle Informationssammelstelle eingerichtet und massive Kräfte zusammengezogen. "Das übliche Maß eines Länderspiels wird zwar überschritten", räumt Hans Florin, Sicherheitsbeauftragter des DFB, ein, "aber das bedeutet auch nicht mehr Aufwand als bei Spielen gegen Holland oder England."

Hooligans bringen die Israelis nicht mit. Eher muss mit Verbal-Hooliganismus auf den Tribünen des Fritz-Walter-Stadions gerechnet werden. "Das Fußballspiel an sich ist kein politischer Anlass, der Rechtsextreme nach ihrem eigenen Verständnis herausfordern würde", mutmaßt Experte Michael Kohlstruck vom Berliner Zentrum für Antisemitismus-Forschung. Allerdings rechnet Kohlstruck während während des Spiels durchaus mit Beschimpfungen vor anti-jüdischem Hintergrund.

Der Frage nach dem historischen Hintergrund des Aufeinandertreffens einer deutschen und einer israelischen Fußballmannschaft wollte Verbandschef Levi keine große Bedeutung beimessen: "Wir alle wissen, was in der Geschichte passiert ist. Jetzt ist es eine neue Generation." Haim Revivo, der mit Fenerbahce Istanbul Türkischer Meister wurde und als bester Spieler gilt, den der israelische Fußball herausgebracht hat, spricht von einer "großen Ehre, gegen eine große Fußballnation wie Deutschland zu zeigen, was wir können". Und Ilan Bachar, der 26-jährige Verteidiger von Hapoel Tel Aviv, sagt, was für ihn das eigentlich besondere an diesem Spiel ist: "Ich werde wohl zum ersten Mal von Anfang an spielen."

Christoph Kieslich

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