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Sport: DEUTSCHLAND – SPANIEN

Finale, Ernst-Happel-Stadion, Wien, 20.45 Uhr, live in ARD

Bei allen feinen Pässen aus dem Fußgelenk, wundervoll herauskombinierten Toren und offensiven Geistesblitzen: Im Halbfinale der Spanier gegen Russland gab es auch eine ganz andere Szene, die das spanische Team bei dieser EM beschreibt. Abwehrchef Carles Puyol knallte bei einem Kopfball mit dem russischen Regisseur Andrej Arschawin zusammen, Schädel gegen Schädel. Während Arschawin länger benommen liegen blieb (und Simon Rolfes von Dr. Müller-Wohlfahrt hätte zusammengeflickt werden müssen), rappelte sich Puyol sofort wieder auf, rubbelte sich kurz durch die lockige Matte und schüttelte sich wie ein Bisonbulle, der gerade einen Revierkampf gewonnen hat. Dann ging er zu seinem Arbeitsalltag über: rennen, grätschen, zweikämpfen. Während die Spanier bei vergangenen Turnieren oft in Schönheit starben, haben sie diesmal die richtige Mischung aus Kampf und Kunst gefunden.

Die deutsche Offensive wird im heutigen Finale einige Male auf Carles Puyol treffen – und es wird weh tun. Dabei ist der Kapitän des FC Barcelona alles andere als ein tumber Eisenfuß. Wer fast 250 Mal für die Katalanen gespielt hat und dabei seit 1999 eigentlich nie zur Disposition stand, muss auch technisch etwas drauf haben. Geliebt wird Puyol in Barcelona aber vor allem für seinen bedingungslosen Einsatz. Natürlich ist es aber nicht allein sein Verdienst, dass Spanien bisher die wenigsten Gegentreffer bei der EM (drei, alle in der Vorrunde) hinnehmen musste. Vor Torwart Iker Casillas bildet Puyol mit dem zweiten Innenverteidiger Carlos Marchena, den Außen Sergio Ramos und Joan Capdevila sowie Mittelfeldabräumer Marcos Senna ein wahres Bollwerk. Ist der Ball erst einmal erobert, prügelt ihn Spaniens Defensive nie stumpf nach vorne, sondern ist auch unter höchstem Druck in der Lage, sich spielerisch zu befreien.

Auf Fotos von dieser EM ist Puyol eigentlich nie alleine zu sehen, fast immer klebt er gerade einem Stürmer an den Hacken. Egal ob Luca Toni, Zlatan Ibrahimovic oder Roman Pawljutschenko – auf den Bildern machen sie allesamt einen ziemlich unglücklichen Eindruck. Obwohl Puyol nur 1,78 Meter groß ist, nimmt er es in der Luft auch mit Spielern wie dem elf Zentimeter größeren Michael Ballack auf, bei Standardsituationen geht er mit nach vorne. Bisher sind die Spanier aber nicht durch ihre Stärke bei ruhenden Bällen aufgefallen, sondern dadurch, wie sie Ball und Gegner laufen lassen.

Bei aller Härte: Unfaires Spiel kann man Carles Puyol nicht vorwerfen. Als sich im Viertelfinale auch Andrej Arschawin schließlich aufgerappelt hatte, hielt ihm Puyol die Hand hin. Arschawin nahm und schüttelte sie. Dabei sah er allerdings aus, als wüsste er immer noch nicht, was ihn da eigentlich getroffen hatte.

Schiedsrichter: Roberto Rosetti (Italien)

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