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Sport: DFB-Pokal: Alle Hemmungen abgelegt

Der dreimalige DDR-Meister BSG Wismut Aue sorgt wieder für Furore. Allerdings unter neuem Namen.

Der dreimalige DDR-Meister BSG Wismut Aue sorgt wieder für Furore. Allerdings unter neuem Namen. Der Klub heißt jetzt FC Erzgebirge Aue, und die "Kumpel" aus der einstigen Bergbauregion führen überraschend die Nord-Staffel der Fußball-Regionalliga an und rechnen sich auch in der ersten Runde des DFB-Pokals morgen gegen den übermächtig scheinenden Champions-League-Teilnehmer Hamburger SV gute Chancen aus. Zumal dem Außenseiter eine fanatische Kulisse den Rücken stärken wird.

"Meine Spieler haben in der Partie gegen Bayern München vor knapp drei Wochen ihre Hemmungen vor den Bundesliga-Spielern verloren", glaubt Aues Trainer Gerd Schädlich. "Wenn sie das Herz in beide Hände nehmen, dann können sie jede Mannschaft unter Druck setzen." Wohl auch den Hamburger SV, der im Pokal schon so manche peinliche Überraschung erlebt hat.

Das Testspiel vor gut zwei Wochen gegen den deutschen Rekordmeister Bayern München verloren die Erzgebirgler vor 16 000 Zuschauern zwar mit 2:6, hinterließen aber dennoch einen guten Eindruck. In der Regionalliga Nord rangiert der DDR-Pokalsieger von 1955 mit vier Siegen aus den bisherigen fünf Partien völlig überraschend auf Platz eins. Ein einziges Gegentor ist Ausdruck der Zweikampf- und Abwehrstärke der Mannschaft.

Dabei lässt der Mini-Etat von nur rund vier Millionen Mark eigentlich keine hochfliegenden Träumereien zu. "Damit liegen wir auf einem Abstiegsplatz in der Liga", sagt Schädlich. Der Trainer will trotz der momentanen Euphorie in der Region die Kirche im Dorf lassen. "Wir lassen uns nicht täuschen, unser Saisonziel bleibt ein gesicherter Platz in der neuen Regionalliga", erklärt er nach wie vor. Ausgerechnet mit Aues Erzrivalen FSV Zwickau schaffte Schädlich aber schon einmal ein "Zweitliga-Wunder", die Auer Anhänger würden bei einem erneutem Coup wohl endgültig seine "Herkunft" vergessen.

Für die Menschen der Krisenregion Erzgebirge mit einer Arbeitslosenquote von rund 18 Prozent ist Fußball wichtiges Lebenselixier. Torwart Maik Kischko, als Ex-Bundesligaprofi der einzige "Star" im Team, sagt: "Viele haben doch nur uns, die wollen wir nicht enttäuschen."

Eine Riesenenttäuschung herrschte in dem Städtchen mit nur rund 20 000 Einwohnern nach der Saison 1990/91, als die "Veilchen" unter Trainer Klaus Toppmöller den Zweitliga-Aufstieg verpasst hatten. Nur ein Jahr später entstand aus der einstigen BSG Wismut Aue der FC Erzgebirge. Die Umwandlung spiegelte die Verhältnisse wider: Jahrzehntelang bestimmte die riesige Wismut mit dem Uranabbau für die Sowjetunion den Pulsschlag der Region, nach der Wende wurden die Schächte geschlossen. "Kumpel" gibt es jetzt nur noch bei der Beseitigung der gewaltigen Umweltschäden. Oder eben auf den Traversen des idyllisch gelegenen Erzgebirgs-Stadions.

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