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Sport: DFB-Pokal: Beten, Sex - und nicht zu hoch verlieren

Der Fußballtrainer Mehmet Öztürk schlägt ins Leere, immer wieder. Mücken schwirren um seine gräulichen Haare herum.

Der Fußballtrainer Mehmet Öztürk schlägt ins Leere, immer wieder. Mücken schwirren um seine gräulichen Haare herum. Nur selten erwischt er eine. Öztürk ist stinksauer. Nicht wegen der Mücken, sondern auf seine Mannschaft, den SV Yesilyurt. Vor ein paar Tagen hat sein Team 3:7 bei Stern 1900 in der fünften Liga verloren. "Drei zu sieben", murmelt Öztürk. Am Freitagabend, im DFB-Pokal gegen den SC Freiburg, da werde eine andere Mannschaft spielen, eine bessere. Der türkische Kiezklub aus Wedding trifft auf den Uefa-Cup-Teilnehmer aus der Bundesliga. Eine klare Angelegenheit. "Der Pokal hat seine eigenen Gesetze", sagt Öztürk.

Die Mücken nerven an diesem Abend. Hier am Teufelsberg, einer beliebten Anhöhe inmitten der Stadt, trainieren oft Fußballmannschaften. Montag treffen wir uns am Teufelsberg, hatte der Trainer gesagt. "Wir waren ziemlich bedient", sagt Spielmacher Ramazan Yildiz. Sie nennen ihn hier Figo, wie den Superstar, für den Real Madrid 117 Millionen Mark bezahlte. Weil er angeblich genauso aussieht und die gleiche Technik hat. Yildiz muss darüber lachen.

Der Teufelsberg ist 115 Meter hoch. Die Aussicht ist schön. Aber hochrennen? "Pervers", sagt Yildiz. Aber so machen es alle Mannschaften. Zumindest die großen. Herthas Trainer Jürgen Röber schickt hier seine Spieler hoch. Neulich war sogar der AS Rom hier, der Meister Italiens. Am Wochenende haben die Römer den Supercup geholt. Der Teufelsberg kann also nicht schaden, muss sich Öztürk gedacht haben. Jetzt steht auch sein SV Yesilyurt hier.

Mannschaftskapitän Orhan Perktas genießt die Tage. Fotografen kommen zum Training, auch mal ein Fernsehteam. "Wir leben ein bisschen wie die Profis", sagt Perktas. "Ein schönes Gefühl." Sie sind anders, die Fußballer von Yesilyurt, natürlicher. Den Tag über gehen sie arbeiten, am Abend auf den Fußballplatz. Perktas jobbt bei "Niketown". "Im Lager", sagt er. Der Trainer besitzt eine Tankstelle am Ernst-Reuter-Platz. Am Freitagabend übernimmt sein Neffe Hakan die Schicht. "Ich muss am nächsten Tag dann zwölf Stunden arbeiten", sagt Öztürk. Das Freitagabendspiel ist das wichtigste der Vereinsgeschichte. Freiburg ist nicht Bayern München. Aber auch nicht Mainz 05. Es hätte schlimmer kommen können. "Freiburg wird uns unterschätzen", sagt Öztürk. "Das wird der Finke nicht aus den Köpfen seiner Spieler kriegen." Hauptsache, die Freiburger rücken hier nicht mit ihren Amateurspielern an, sagt der Mannschaftskapitän.

Die Spieler von Yesilyurt sind bereit für die Großen. Gestern verloren sie ein Testspiel gegen Hertha BSC denkbar knapp 1:2. Der Teufelsberg trägt erste Früchte. Am Wochenende hat sich Öztürk das Bundesligaspiel des SC Freiburg angeschaut. So etwas machen auch die großen Trainer. Freiburgs Trainer Finke hat seinen Kotrainer "zu uns geschickt", sagt Özktürk. "Aber da haben wir 3:7 verloren. So werden wir nicht noch einmal spielen." Öztürk grinst.

Der Trainer ist der Profi im Team. In den 80er Jahren hat er für Türk Gücü München in der Bayernliga gespielt. Gegen Unterhaching und 1860 München. Dann war er Profi bei Boluspor, einem Erstligisten in der Türkei. "Ich rechne mir schon etwas aus. Freiburg ist keine Übermannschaft", sagt Öztürk. "Wir werden nicht 90 Minuten mauern, sondern nach vorne spielen. Es gehen doch eh alle davon aus, dass wir gegen Freiburg verlieren." Die einzige Chance, die Yesilyurt hat? Öztürk nickt.

Die Spieler schauen ernst, sobald ein Fotograf auftaucht. Profis lachen auch nicht auf Fotos, sie schwitzen. "Gerade hat mich einer gefragt, ob er vor dem Spiel Sex haben darf", erzählt Mannschaftskapitän Perktas. Und? "Na klar, meinetwegen fünfmal. Hauptsache er bringt auf dem Platz auch noch Leistung." Und Nudeln sollen sie essen vor dem Spiel, hat er der Mannschaft gesagt. So, wie die großen Spieler auch. Gegen Freiburg "wollen wir attraktiv spielen", sagt Yildiz. "Und nicht zu hoch verlieren." Mannschaftskapitän Perktas wird vor dem Spiel beten. "Das mache ich immer," sagt er. "Wir werden alle beten, beten, dass wir weiterkommen."

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