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Wieder mittendrin. Eine Woche durfte Mitchell Weiser nicht mit dem Team trainieren, im Pokal gegen Jahn Regensburg brachte sein Treffer Hertha in die Verlängerung. Foto: dpa/Balk

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DFB-Pokal: Hertha BSC mit Mühe weiter: Mitchell Weiser holt Gold in Regensburg

Mitchell Weiser hätte gern bei Olympia in Rio gespielt, stattdessen musste er Hertha BSC bei Jahn Regensburg vor einer weiteren Pleite im DFB-Pokal bewahren.

Mitchell Weiser hat am Wochenende mit seinen Mannschaften eher unschöne Erfahrungen gemacht. Beim Pokalspiel von Hertha BSC in Regensburg musste er zunächst von der Bank aus zuschauen; beim Finale der Olympiamannschaft in Rio durfte er nicht mal das. Das Finale war erst weit nach Mitternacht zu Ende, da müssen Fußballprofis längst schlafen, erst recht wenn sie am Tag darauf spielen müssen. Trotzdem ist Pal Dardai in der Nacht zu Sonntag nicht über den Hotelflur patrouilliert, um zu kontrollieren, ob in Weisers Zimmer noch Licht brannte und der Fernseher lief. „Die Geschichte ist durch“, sagt Herthas Trainer. „Jeder hat sein Schicksal – so ist das.“

Weiser hat mit diesem Schicksal lange gehadert. Als U-21-Nationalspieler wäre er automatisch Mitglied des Olympiakaders gewesen. Und er wäre – trotz der Aufgaben mit Hertha im Europacup und im DFB-Pokal – liebend gern mit nach Rio geflogen, hatte bis zuletzt gehofft, dass sich sein Arbeitgeber vielleicht doch noch erweichen lasse. Olympia ist dem 22-Jährigen so lange durch den Kopf geschwirrt, bis Hertha BSC ihm auf recht drastische Weise signalisiert hat, dass er sich jetzt bitte mal wieder auf das Wesentliche zu konzentrieren habe: auf Hertha BSC.

In der vorletzten Woche der Vorbereitung war Weiser von Dardai zu individuellem Fitnesstraining mit Athletikcoach Henrik Kuchno verdonnert worden. Offiziell hieß es, die Werte des Rechtsverteidigers seien nicht gut gewesen. Seltsam bei einem Profi, der seit dem Trainingsauftakt Ende Juni das komplette Programm absolviert hat. Aber das Sondertraining war vermutlich weniger für die Beine gedacht als für den Kopf – und hat sich letztlich ausgezahlt. Der verhinderte Silbermedaillengewinner von Rio hat in Regensburg maßgeblich dazu beigetragen, dass Hertha ein weiteres Erstrundenaus im Pokal gerade noch verhindern konnte.

Nach einer Stunde, beim Stand von 0:1, wurde Weiser eingewechselt, und mit ihm kam gleich ein anderer Zug in Herthas Spiel. Eine „gute Körpersprache“ bescheinigte ihm Dardai. Das war vor allem acht Minuten vor dem Ende zu sehen, als Weiser den Ball mit Wucht und voller Überzeugung ins Tor köpfte und Hertha damit gegen den aufmüpfigen und erstaunlich widerstandsfähigen Drittligisten in die Verlängerung rettete. „Er hat seine Aufgabe wunderbar erfüllt“, sagte Dardai.

Auch im Elfmeterschießen, in dem alle Berliner trafen und Torhüter Rune Jarstein einen Schuss der Regensburger parierte. Weiser trat als dritter Berliner an. Torhüter Philipp Pentke hüpfte auf der Linie von links nach rechts, versuchte ihn mit dem Gehampel aus dem Konzept zu bringen. „Mitch hat gut geantwortet“, befand Herthas Trainer. Er chippte den Ball einfach lässig in die Mitte. „Wir wissen, welchen Wert Mitch für uns hat: mit seiner Schnelligkeit, seiner frechen Spielweise, seiner Ballsicherheit, seinem letzten Pass – und sogar seiner Torgefahr“, sagte Dardai. „Wir haben einen jungen Spieler, der alles hat.“

Kein Wunder, dass Hertha dessen 2018 auslaufenden Vertrag so schnell wie möglich verlängern möchte. Seit mehr als einem halben Jahr gibt es entsprechende Bemühungen, aber bis heute keinen Hinweis auf baldigen Vollzug. Gerade auf junge Leute übt Berlin einen gewissen Reiz aus. Doch Weiser ist eben auch ein ehrgeiziger Typ, der gerne mal auf dem Platz eine richtige Party feiern will und deshalb vielleicht erst einmal beobachten möchte, wie es für Hertha mittelfristig weitergeht. Der Sieg in Regensburg hat zumindest die schlimmsten Befürchtungen erst einmal ausgeräumt. Verteidiger Marvin Plattenhardt empfand das glückliche Weiterkommen als „große Erlösung“, und Weiser sagte: „In der Art zu gewinnen schweißt das Team noch mehr zusammen.“

Für Hertha ist die Vorbereitung ähnlich gelaufen wie für Mitchell Weiser – ein bisschen schleppend und von schweren Gedanken begleitet. Wie vor einem Jahr ist der Kader wenige Tage vor dem Bundesligastart noch nicht komplett; Ondrej Duda, der wichtigste Neuzugang, wird auch in dieser Woche noch nicht trainieren können. Aber wie vor einem Jahr (in Bielefeld) bescherte der Pokal den Berlinern ein erstes Erfolgserlebnis. Salomon Kalou, der den entscheidenden Elfmeter verwandelt hatte, sagte: „Wir wussten, wenn wir hier verlieren, wird es eine schwierige Saison.“ Ob auch der Umkehrschluss zulässig ist, wird sich zeigen.

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