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DFB-Pokal: Leverkusen: Das ewig uneingelöste Versprechen

Bayer Leverkusen hat Qualitäten wie kaum eine zweite Mannschaft in Deutschland, nutzt sie aber zu selten.

Berlin - Am Mittwoch ist Rudi Völler in Rom gewesen. Kurzbesuch in der alten Heimat, fünf Jahre hat er im Stadio Olimpico gespielt, am Mittwoch nun war er Ehrengast beim Champions-League-Finale, großer Fußball! Völler schwärmt von „den beiden besten Mannschaften Europas“ und ist damit sofort im Thema: „Bei aller Bescheidenheit“ will der Sportdirektor von Bayer Leverkusen doch mal drauf hinweisen, dass am Samstag im DFB-Pokalfinale „die beiden spielerisch besten Mannschaften Deutschlands gegeneinander antreten, also zumindest, was die Offensive betrifft“.

Das ist eine schöne Aufwertung für das Berliner Endspiel. Ein Blick auf die Abschlusstabelle der Bundesliga aber verrät, dass im traditionell ausverkauften Berliner Olympiastadion der Neunte (Leverkusen) gegen den Zehnten (Werder Bremen) spielt, keiner von beiden hat auch nur annähernd so viele Tore geschossen wie der Meister Wolfsburg, und gerade im Fall von Völlers Leverkusenern muss man schon ein wenig länger zurückdenken, um sich an das letzte gute Bundesligaspiel zu erinnern. Das 0:3 zum Abschluss in Cottbus war wohl eher keins, das 5:0 zuvor gegen Mönchengladbach lebte von Fehlern des Gegners, und eine Mannschaft höheren Bundesliganiveaus hat Bayer zuletzt im Februar bezwungen, beim 4:1 in Hoffenheim, das damals noch Tabellenführer war.

Auch in dieser Saison hat Bayer Leverkusen sich als das ewig uneingelöste Versprechen des deutschen Fußballs inszeniert. Als eine Ansammlung großartiger Individualisten, die aber nur im Einzelfall eine großartige Mannschaft ergeben. Spieler wie Renato Augusto, Patrick Helmes, Tranquillo Barnetta, René Adler oder Arturo Vidal könnten in so ziemlich jeder Bundesligamannschaft spielen, aber für konstant hohes Niveau stehen sie alle nicht. Die Künstler brauchen den Kick, das besondere Erlebnis, und das hat ihnen in dieser Saison allein der Pokal verschafft. So gut wie beim 4:2 im Viertelfinale über den FC Bayern hat in dieser Saison selten eine deutsche Mannschaft gespielt.

Da war zu sehen, welche Möglichkeiten diese Mannschaft hat – aber auch, wie selten sie diese Möglichkeiten ausschöpft. In Leverkusen erzählen sie gern, wie langfristig und geduldig sie ihre Mannschaft aufbauen. Dieses Projekt stagniert, mal wieder. 17 Punkte hat Bayer in der Rückrunde geholt, genauso viele wie Cottbus und nur einen mehr als Karlsruhe. Dafür aber werden im Fußball-Business nicht die Spieler verantwortlich gemacht. Der Ball liegt im Feld von Bruno Labbadia, und nur wenn er ihn zum Pokalsieg verwandelt, dürfte der Trainer eine Zukunft in Leverkusen haben. Geschäftsführer Wolfgang Holzhäuser ließ schon mal ausrichten, er halte nichts von Treueschwüren, „das würde nicht zum schnelllebigen Fußball passen“.

Am Tag vor dem Pokalfinale versucht Rudi Völler, den Eindruck eines Ultimatums an Labbadia zu zerstreuen. Als passendes Beispiel dienen ihm die alten Freunde vom SV Werder, bei dem der Mittelstürmer Völler Anfang der achtziger Jahre groß wurde: „Die Bremer zeigen, wie man mit Krisen umgeht.“ Dort stehe Thomas Schaaf auch mal in der Kritik, aber nie infrage, „weil alle wissen, dass sie einen tollen Trainer haben, mit dem sie auch in den kommenden Jahren zusammen arbeiten wollen“. Genauso sehe er das mit Bruno Labbadia.

Der Vergleich mit Thomas Schaaf ist ein interessanter Hinweis auf Kontinuität, um die es in der Leverkusener Praxis allerdings nicht so gut bestellt ist. Schaaf amtiert seit zehn Jahren ununterbrochen als Chef in Bremen. Im selben Zeitraum trennte sich Bayer von fünf Trainern, und wenn man das dreimonatige Missverständnis Thomas Hörster mitzählt, sind es sogar sechs. Langfristige Arbeit sieht anders aus.

Bruno Labbadia sagt, seine Mannschaft habe in dieser Woche „alles beiseite geschoben“, diese ganze Unruhe, „die von außen hereingetragen wird“, obwohl doch der Geschäftsführer Holzhäuser so weit außen gar nicht steht. Dafür sorgt er kurz vor dem Spiel jetzt selber für Unruhe. In der „Süddeutschen Zeitung“ redet er von einer „Kampagne“, die es gegen ihn gebe. „Sicher ist: Es müssen sich einige Voraussetzungen ändern.“ Probleme habe er vor allem mit Manager Michael Reschke. „Fakt ist, dass wir eigentlich von Anfang an keine gemeinsame Arbeitsebene fanden.“

Diegos letzter großer Auftritt: Seite 6

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