zum Hauptinhalt
Kroos

© dpa

DFB-Pokal: Zu Gast bei Feinden

1860 München wollte einst den FC Bayern angreifen und leidet bis heute darunter. Am Mittwoch treffen beide im DFB-Pokal aufeinander.

Es gibt viele Geschichten über das Münchner Fußball-Derby, die schönste geht so: 1965 ging Bayerns Vorstopper Danzberg am Montag vor dem Derby in die Stammkneipe der Löwen, die ,,Zwickmühle‘‘ hieß, und wurde dort von ein paar Löwen-Spielern in selbige genommen – ,,dass der Konietzka mit ihm machen würde, was er wollte, haben wir gesagt, und dass er 90 Minuten lang keinen Ball sehen würde‘‘, erzählte einmal der frühere Löwen-Stürmer Rudi Brunnenmeier. Später, im Derby, da schoss Konietzka den Siegtreffer, und Danzberg flog nach einem angeblichen Tritt ins Gesicht von Konietzka mit Rot vom Platz. Heute ist so eine Geschichte undenkbar. Der FC Bayern und TSV 1860 München existieren längst nicht mehr in derselben Welt.

Wenn an diesem Mittwochabend (20.30 Uhr/ZDF live) das Pokalspiel zwischen Bundesliga-Spitzenreiter Bayern und dem Zweitliga-Siebten 1860 angepfiffen wird, dann wird das zwar zumindest für 90 Minuten vergessen sein – davor und danach aber bleibt die nur wenige Kilometer lange Fahrt zwischen den beiden Klubzentralen eine Reise, die in Wahrheit Lichtjahre dauert. Auch, weil 1860, der Arbeiterverein aus Giesing und das Gegenmodell zum reichen Weltklub FC Bayern, eines Tages plötzlich versuchte, den FC Bayern zu kopieren. Sie wollten mehr Geld und mehr Ruhm, sind aus dem ehrwürdigen Grünwalder Stadion erst ins Olympiastadion gezogen und dann in die Arena in Fröttmaning. Die Fans protestierten damals, einige tun es noch heute.

Zumindest der Umzug in die Arena war, man weiß das heute, keine gute Entscheidung. Der TSV konnte die immensen Kosten nicht stemmen, geriet in arge finanzielle Nöte. Weil sich 1860 die Arena nicht leisten kann, wurden sämtliche Anteile an den FC Bayern abgetreten, und jetzt sind die Löwen Mieter im eigenen Stadion, sie sind zu Hause nur noch zu Gast. Ihre frühere Identität suchen die Löwen deshalb noch heute.

Sportlich gesehen ist das allerdings kein großes Problem. Trainer Marco Kurz, ehemals 1860-Profi und einst gefeierter Derbytorschütze, hat aus einer talentierten, aber jungen Mannschaft ein Team geformt, das nur vier Punkte vom Aufstiegsplatz entfernt ist. Und das in den vergangenen Derbys, allesamt Freundschaftsspiele, nicht gegen Bayern verlor.

Doch da ging es ja um nichts, heute Abend ist das anders. Wie wichtig der Anhängerschaft dieses Derby ist, das zeigten die Bayern-Fans in der Nacht zum Mittwoch. Einige von ihnen sind ins Grünwalder Stadion eingebrochen – die Westtribühne, ehemals Heimat der Löwen-Fans, erstrahlt seitdem in glühendem Rot.

Michael Neudecker

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false