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Sport: Diamanten aus Disziplin

Trainertalent José Mourinho macht Porto zu Champions – und geht wohl zum FC Chelsea

Der blau-weiße Konfetti-Regen war über den Siegern heruntergegangen, Portos Spieler schleppten den Pokal gerade in die Kurve ihrer Fans, als der junge Vater des portugiesischen Triumphes abrupt kehrt machte. Trainer José Dos Santos Mourinho, 41 Jahre, hatte die Trophäe nach dem überraschend klaren 3:0 über den AS Monaco nur kurz in den Händen gehalten. Dann ließ er seine Spieler allein auf dem Rasen der Arena Auf Schalke herumtollen und eilte zu Frau und Tochter. Ein berührender Moment der Umarmung mit der Familie folgte, den portugiesische Beobachter als erstes Entfernen aus der Gemeinschaft des FC Porto deuteten, zumal Mourinho sich später zu auffällig mühte, den bevorstehenden Wechsel zum FC Chelsea nicht „im süßesten Augenblick“ verraten zu wollen, wo „wir Geschichte geschrieben haben“.

Viel mehr öffentliches Gefühl leistete sich Mourinho an diesem Abend nicht und blieb damit seiner ihm nachgesagten Disziplinsucht verfallen. Seine Spieler wiederum hatte er anstecken können mit seinem Faible, und so ließ eine eher durchschnittliche portugiesische Mannschaft dem Gegner aufgrund verbissener Ordnungsliebe und Sinn für kleinste taktische Details keine Chance. Der Erfinder dieser Mannschaftstugend arbeitete sich dabei im feinen dunklen Anzug an der Außenlinie ab und dirigierte seine „Diamantenposition“, wie Mourinho die Viererkette und ihre streng nach Vorschrift rotierenden Vorderleute nannte.

Seit zweieinhalb Jahren ist Mourinho beim FC Porto, er ist zweimal Meister geworden, hat 2003 den Uefa-Cup gewonnen und nun erneut alteingesessene Trainer und europäische Spitzenklubs wie Manchester, Lyon oder La Coruña düpiert. Mourinho war als Spieler nur dritte Wahl, nach seiner aktiven Zeit verpflichtete ihn der englische Trainer Bobby Robson als Übersetzer bei Sporting Lissabon – daraus wurde der Trainerassistent Mourinho. Der Mann sieht auch noch blendend aus, trägt sein leicht angegrautes Haar modisch kurz und spricht gern pathetische Worte, die er scheinbar teilnahmslos vorträgt. Dabei blickt er ruhig in die Runde, hält beide Hände geschlossen vor dem Körper und lässt seine Sätze auf sein Publikum wirken.

Wer zuhört, entdeckt Mourinhos Leidenschaft für die Taktik und das Kollektiv. „Das erste Tor hat das Gleichgewicht des Spiels zerstört“, urteilte er am späten Mittwochabend und fand, dass „wir dadurch die Möglichkeit hatten, unsere Art des Spiels zu spielen“. Und so war es: Die erste Unachtsamkeit in der französischen Abwehr kurz vor der Pause nutzte Portos Stürmer Carlos Alberto zum Tor. Zu diesem Zeitpunkt hatte Monaco gerade begonnen, das Spiel zu beherrschen, doch das 0:1 – und die frühe Verletzung von Monacos schnellem Stürmer und Kapitän Giuly – zwangen die Franzosen dazu, sich neu auszurichten.

Deshalb war für Mourinho das erste Tor „entscheidend“, und diplomatisch fügte er an, dass die beiden weiteren Tore „unfair waren, weil der Unterschied zwischen beiden Teams nicht so groß ist“. Als Monaco entschlossen nach vorne drängte und versuchte, von außen die Viererkette zu sprengen, blieben zu viele Räume nach hinten frei, die Porto für die Treffer zwei (Deco) und drei (Alinetchev) nutzte.

Mourinho „will als Trainer wachsen“. Er wird wohl mit dem FC Chelsea den Titel verteidigen wollen. Als die Trophäe kurz vor Mitternacht an seinen Tisch getragen wurde, schielte er erst kurz hin, hielt für ein paar Sekunden die Finger weg, bis er den Pokal dann so sanft streichelte wie seine Frau – die nächsten Diamantenpositionen wohl schon im Kopf.

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