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Sport: Dicht dran

1999 spielte Hertha in der Champions League – mit einem Sieg in Bremen rückt der Traum wieder näher

Berlin. Die Nacht war hell erleuchtet, das Flutlicht brannte, kalt war es im Olympiastadion, aber schön. Es war ein Dienstagabend im Oktober vor vier Jahren, als Hertha BSC einen der besten Klubs der Branche besiegte, den AC Mailand. 75000 Menschen erhoben sich von ihren Plätzen, sie schrien, jubelten und hatten die Jahre der Zweitklassigkeit endgültig vergessen. Hertha spielte in der Champions League, ein großes Ereignis.

Vier Jahre später steht der Berliner Bundesligist wieder dicht davor. Zwei Punkte Rückstand sind es noch auf den VfB Stuttgart, den Tabellenzweiten. Vier Spieltage entscheiden darüber, ob Hertha BSC in der kommenden Saison wieder in den Metropolen Europas spielt. Oder doch nur in weniger bekannten Landstrichen irgendwo in Norwegen oder der Schweiz, so wie es in den vergangenen Jahren im Uefa-Cup war. Nach dem Sieg gegen Hannover 96 vor einer Woche sagte Manager Dieter Hoeneß, dass „wir über die Champions League reden können, wenn wir in Bremen gewonnen haben“. Also muss Hertha heute (15.30 Uhr) den ersten Schritt machen beim Auswärtsspiel im Weserstadion. Eine Woche später spielt der Klub gegen den FC Bayern München. Noch will sich der Manager zurückhalten, schließlich „können wir die Champions League nicht herbeireden“, sagt Hoeneß. „Und aus eigener Kraft können wir es eh nicht schaffen, da haben wir keine Chance.“

Borussia Dortmund und der VfB Stuttgart müssten in den letzten vier Spielen weniger Punkte holen als Hertha BSC. Das wird angesichts des Berliner Restprogramms schwer werden. Es ist aber nicht unmöglich. Gerade mit den Stuttgartern hat Hoeneß so seine Erfahrungen gemacht. Vor drei Jahren ging Hertha in den letzten vier Spielen die Puste aus, die Elf holte vier Punkte und verlor das letzte Heimspiel gegen Borussia Dortmund 0:3. Damit wäre der Klub aus dem Geschäft gewesen. Die Stuttgarter wären an Hertha vorbei gewesen, sie lagen ja zeitgleich 3:0 gegen Bielefeld in Führung. Doch am Ende stand es in Stuttgart 3:3, und Herthas Manager Hoeneß versprach daraufhin Bielefelds Trainer Hermann Gerland eine Ladung Heu für dessen Pferde. Hertha hatte Glück gehabt.

Der Manager redet gern von „Big Points“, das sind die entscheidenden Siege. Jetzt ist diese Situation wieder da. Und die Fans fragen sich: Kann die Mannschaft das schaffen, was ihr seit dem Wiederaufstieg immer gelang? Eine überaus gute Rückrunde hinlegen und am Ende ihr Ziel erreichen? Das Ziel ist in diesem Jahr die Champions League. Hoeneß spricht zwar vom „Erreichen eines internationalen Platzes“, aber jetzt, da der Klub so dicht davor steht, kann es als Ziel doch nur die Champions League sein. Mit dem Druck kann die Mannschaft umgehen, sagt Hoeneß. „Das ist positiver Druck. Und so etwas ist doch herrlich, oder?“

Ist das so herrlich? Es ist gar nicht so lange her, da stand Hertha dicht vor dem Erreichen des Viertelfinals im Uefa-Cup. In letzter Sekunde verlor Hertha dann in Porto und war draußen. Ähnlich war es vor eineinhalb Jahren im DFB-Pokal-Viertelfinale gegen den 1. FC Köln. Doch da war es Hertha, die die Chance verspielte. Jetzt müssen sie einfach nur spielen und schauen, was die Konkurrenz macht. In den letzten Jahren ging es für Hertha immer gut am Saisonende. Und genau das ist das Merkwürdige an der Sache. Entscheidende Spiele gibt es im Europapokal, in der Bundesliga zählt die ganze Saison. Herthas Trainer Huub Stevens sagt seit Monaten: „Entscheidend ist, wo wir am Saisonende stehen.“ Dieser Satz nervt auf Dauer etwas, aber angesichts der Tabelle hat Stevens nun einmal recht. Vier Spieltage vor Saisonende steht Hertha mit 51 Punkten auf dem vierten Tabellenplatz. Hertha jagt.

Damals, vor vier Jahren, war die Situation eine andere. Da waren die Berliner die Gejagten. Nachdem Hertha am 28. Spieltag den Sprung auf den dritten Platz geschafft hatte, gaben die Spieler diesen nicht wieder her. 62 Punkte holte Hertha damals. Zur Belohnung gab’s eine Dienstreise nach Mailand.

André Görke

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